Militärische Lehren des Hamburger Aufstands

Der vorliegende Text von Ende 1923 ist ein Auszug aus einem Artikel der Zeitschrift „Vom Bürgerkrieg“ (später in „Oktober“ umbenannt), einer militärischen Zeitschrift der KPD.

…Wichtigste Lehren. Genügend Bewaffnung, wenigstens der Stoßtrupps. Festsetzen in einzelnen Punkten (Wachen, Kasernen usw.) falsch, weil dadurch dem Gegner der konzentrische Angriff leicht gemacht wird. Ausgänge von Wachen und Kasernen können evtl. von Dachschützen im Schach gehalten werden.

Größte Beweglichkeit kleiner bewaffneter Gruppen, die überraschend auftreten. Es hat sich gerade in Hamburg herausgestellt, daß den auf bestimmte Regeln des Kampfes eingestellten militärischen Gegner am meisten zermürbt, das überraschende Auftreten einzelner Schützen bald im Rücken, bald in der Flanke. Der kämpfende Arbeiter muß für den Gegner überall und nirgends sein, überraschend auftreten, wieder verschwinden, nie faßbar sein. So wurde der Feind unsicher, durch die ihm zugefügten Verluste zermürbt und konnte über die Stärke der kämpfenden Arbeiter nie ein klares Bild erhalten.

Photographische Aufnahmen im Kampfgebiet müssen unter allen Umständen verhindert werden. Das Kampfgebiet ist nach Möglichkeit in die Bourgeoisieviertel zu verlegen, damit auch diese Leute etwas von dem Kampf haben. In diesen Vierteln muß sofort ein Absuchen der Häuser nach Waffen stattfinden.

Eine Erweiterung der Kampfbasis ist so schnell wie möglich anzustreben durch Entsendung der Reserven an die Peripherie des Kampfgebietes. Alle Zufahrtsstraßen sind schon in den Vororten zu sichern, damit jeder Zuzug feindlicher Kräfte nach dem Hauptkampfgebiet verhindert wird. Das kann geschehen durch Unterbrechung der Bahnverbindung und Barrikaden auf den Zufahrtsstraßen, Telefonverbindungen unterbrechen, Unterbrechungsstelle durch Dachschützen sichern, damit Reparatur durch Teno1 unmöglich.

Eine weitere wichtige Lehre ist die, daß die Verbindung der Leitung mit den kämpfenden Truppen und umgekehrt von beiden Teilen ununterbrochen gesucht werden muß. Weiterhin muß der Leitung ein gutfunktionierender Nachrichtendienst zur Verfügung stehen, der über die Stärke des Gegners, Stimmung der Bevölkerung usw. jederzeit Aufschluß gibt. Verbindung und Nachrichtendienst ermöglichen eine gute Führung.

Auf die Sicherung von ausreichenden Druckmöglichkeiten im Kampfgebiet ist von vornherein größter Wert zu legen…

Dem Vorpostengefecht an der Wasserkante mögen bald folgen die entscheidende Schlacht und der Sieg des deutschen Proletariats.

Vom Bürgerkrieg
Heft 6, o. O. und o. J. (Ende 1923)
S. 3, 6/7.

1 Mit dem Teno ist die Technische Nothilfe gemeint.