Wir beginnen heute mit der Veröffentlichung des Buches „Zur Geschichte des Hamburger Aufstandes 1923“. Das Buch erschien 1958 im Dietz Verlag, geschrieben von Heinz Habedank und gibt eine detaillierte Geschichte des Hamburger Aufstands wieder. Damit bildet es eine gute Grundlage für weitere Diskussionen und Auseinandersetzungen mit dem Hamburger Aufstand. Wir beginnen mit dem Vorwort, dem Ersten und Zweiten Kapitel und werden von nun an jeden Freitag ein weiteres Kapitel veröffentlichen.
Wir wünschen viel Spaß beim lesen.
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand 1955 als Dissertation, die von Herrn Professor Dr. Kamnitzer angeregt und gefördert wurde. Wertvolle Hinweise gaben ferner die Herren Professoren Lindau, Dr. Obermann, Dr. Paterna und Dr. Schreiner. Bei der Befragung von Aufstandsteilnehmern halfen mir die Herren Klaus Lehmann und Eberhard Zamory. Ihnen allen danke ich herzlich. Schließlich gedenke ich der großzügigen materiellen Unterstützung des Staatssekretariats für Hochschulwesen der Deutschen Demokratischen Republik, die es ermöglichte, diese Arbeit zu Ende zu führen.
Einige kritische Bemerkungen der Prüfer veranlaßten mich, nach der Promotion hauptsächlich das zweite Kapitel umzuarbeiten. Es wurde eine Reihe von Anregungen und Kritiken berücksichtigt.
Dessenungeachtet bin ich davon überzeugt, daß auch die jetzige Fassung der Arbeit weiterverbessert werden kann und soll, wozu es aber vor allem der Ergänzung und der Kritik aus dem Kreise der noch lebenden Aufstandsteilnehmer bedarf. Ich bitte, mir dementsprechende Berichte zu übersenden.
Dieses Buch gibt an Hand von gedruckten und ungedruckten Quellen ein Bild vom Verlauf der bewaffneten Aktionen während des Hamburger Aufstandes 1923; es ist keine abschließende Darstellung. Wenn es aber hilft, die Erinnerung an die kühnen Taten der Hamburger Oktoberkämpfer wachzuhalten, wenn es das Wissen festigt, daß der Hamburger Aufstand kein abenteuerlicher Putsch, sondern ein wagemutiger, von Massenaktionen gestützter bewaffneter Kampf um die Errichtung eines deutschen Arbeiter- und Bauernstaates gewesen ist, dann wird
es seinen Zweck erfüllen.
Stalinstadt im Herbst 1957
Kiement-Gottwald-Straße 1
Dr. Heinz Habedank
ERSTES KAPITEL
Die Quellen und die bisherige Darstellung des Hamburger Aufstandes in der Geschichtsschreibung
1. Gedruckte Materialien
Am Nachmittag des 23. Oktober 1923 meldeten hamburgische Zeitungen, daß in Hamburg ein Aufstand im Gange sei. Aber von den zahlreichen hamburgischen Blättern, die an diesem Tage erschienen, sind nur noch wenige erhalten geblieben. Barbarische Methoden anglo-amerikanischer Kriegführung und mangelhafte Sorgfalt bei der Verlagerung der Bestände deutscher Bibliotheken haben im zweiten Weltkrieg auch hier große Lücken gerissen. So gelang es trotz langwieriger Suche nur, zwei Jahresbände zweier hamburgischer Tageszeitungen zur Bearbeitung der ersten Nachrichten heranzuziehen, und zwar des großbürgerlichen „Hamburgischen Correspondenten“ und des sozialdemokratischen „Hamburger Echos“.
In diesen Blättern der hamburgischen Tagespresse sind die ersten Meldungen der Staatlichen Pressestelle Hamburgs über den Verlauf des Aufstandes zu finden. Aus den zum Teil einander widersprechenden Nachrichten1 ist zu ersehen, daß die Behörden in erster Linie bemüht waren, Erfolge der bewaffneten Arbeiter zu verkleinern oder zu verschweigen und Taten der Polizei zu übertreiben oder gar zu erfinden. Die amtlichen Berichte dienten hauptsächlich dazu, der Bevölkerung die äußerst kritische Lage zu verschleiern, in die die hamburgische Bourgeoisie durch den erfolgreichen Wachensturm der Arbeiter geraten war. „Überhaupt hüte man sich“, warnte der Chefredakteur des „Hamburgischen Correspondenten“ noch am 25. Oktober 1923 seine Leser, „die aus verständlichen Gründen optimistisch gehaltenen amtlichen Berichte über die Niederkämpfung des Putsches bereits durchweg als Beweis des endgültigen Sieges zu betrachten.“ Es ergibt sich, daß die gedruckten amtlichen Berichte für eine Darstellung des wirklichen Verlaufs des Aufstandes fast wertlos sind. Sie spiegeln lediglich die Methoden wider, die der Staatsapparat angewandt hat, um die Massen von einer Teilnahme am bewaffneten Kampf abzuhalten.
Die gleichzeitigen Berichte und Artikel der Redakteure und Mitarbeiter des „Hamburgischen Correspondenten“ und des „Hamburger Echos“ geben eher die Möglichkeit, der historischen Wahrheit etwas näherzukommen. Obgleich beide Zeitungen rückhaltlos für die Erhaltung der kapitalistischen Ordnung eingetreten sind und mit einer dementsprechenden Berichterstattung dafür gewirkt haben, haben sie doch oft nebenbei manche bedeutsame Tatsache erwähnt. Sie geben wertvolle Hinweise auf die Ursachen, den Charakter und den Verlauf des Aufstandes; aber freilich nicht in klarer Form, sondern vermengt mit Lügen und Verleumdungen über das Ziel und das Verhalten der bewaffneten Arbeiter und über die Auswirkungen des Aufstandes. Deshalb können der „Hamburgische Correspondent“ und das „Hamburger Echo“ für die Darstellung des Oktoberaufstandes nur nach Vergleich mit zuverlässigen historischen Quellen etwas nützen.
Eine weitere Quelle für das, was man auch die Atmosphäre jener Oktobertage nennen kann, ist der stenographische Bericht über die 45. Sitzung der Bürgerschaft zu Hamburg am Abend des 24. Oktober 1923. Weil aber auch hier viel Unwahres mit wenig Wahrem vermengt ist, läßt sich das Glaubwürdige nur durch Vergleich mit anderen gesicherten historischen Zeugnissen ermitteln. Zuverlässig aber überliefert der Bericht, wie die hamburgischen Parteivertreter und Senatoren am Abend des zweiten Aufstandstages aufgetreten sind.
Die Berichte über die Verhandlungen des Sondergerichts, das unmittelbar nach dem Aufstand mit der Aburteilung der Werktätigen begann, die als sogenannte Aufrührer verhaftet worden waren, geben genauere Auskunft darüber, was sich während der Kampftage in den Hamburger Straßen abgespielt hat und wie die Arbeiter einzelne Polizeiwachen gestürmt haben. Wie sich aus den Berichten, die im „Hamburgischen Correspondenten“ über diese Gerichtsverhandlungen veröffentlicht worden sind, ergibt, war ein großer Teil der mehr als tausend Angeklagten nur indirekt am Aufstand beteiligt gewesen; sie hatten entweder an Massenaktionen teilgenommen oder in Menschenansammlungen gegen die Polizei Stimmung gemacht. Ein weiterer Teil der Verhafteten hatte während des Aufstandes entweder aus Verzweiflung oder aus kriminellem Antrieb Geschäfte geplündert. Und nur verhältnismäßig wenige Angeklagte waren am Sturm auf die Wachen beteiligt gewesen. Diese Angeklagten gaben zwar manches zu, was sich wegen der vielen Beamten, die als Zeugen auftraten, nicht mehr leugnen ließ, schwiegen aber im übrigen beharrlich und ließen das Gericht im dunkeln tappen. Die Berichte über die Gerichtsverhandlungen sind wertvolle Quellen für den Verlauf des Wachensturms und für die Beurteilung der Massenstimmung. Doch sie sind nicht in allen Punkten zuverlässig denn die Angeklagten waren aus Gründen der Sicherheit an einer Aufdeckung der vollen Wahrheit desinteressiert, und die Polizisten mußten oft zur Erhaltung ihrer Stellung wahrheitswidrige Zeugenaussagen machen.
Unmittelbar nach dem bewaffneten Rückzug der Arbeiter entstand ein erster zusammenfassender Bericht über die Kämpfe, den Polizeioberstleutnant Danner schrieb, der im Oktober als Chef der Ordnungspolizei in Hamburg fungierte. Dieser Bericht war für die übergeordneten Behörden bestimmt. Die Zeitschrift „Die Polizei“ veröffentlichte ihn unter dem Titel: „Unruhen in Hamburg vom 20. bis 26.10.1923“ 2.
Danner machte über die Kampfkraft der Arbeiter, das Verhalten der Bevölkerung und die Aktionen der Polizeiverbände eine Reihe bedeutsamer Angaben. Aber bevor der Verfasser mit den wertvollen Eingeständnissen über den Kampfverlauf herausrückte, behauptete er ganz im Gegensatz zu den gleichzeitigen Zeitungsberichten, daß es am 22. Oktober keinerlei Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende größere kommunistische Aktion gegeben habe. Damit sollten offenbar das volle Ausmaß des Schwächezustandes der Ordnungspolizei am frühen Morgen des 23. Oktober vertuscht und die Erfolge der Arbeiter allein auf das zufällige und vorübergehende Moment der Überraschung zurückgeführt werden. Gleichzeitig verringerte Danner die Zahl der überrumpelten Wachen. Diese Tendenz, die Leistungen der revolutionären Arbeiter zu schmälern und die Polizeitruppen soweit wie möglich vor jedem Verdacht der Schwäche und des Versagens zu schützen, macht die Quelle in den genannten Punkten unglaubwürdig. Darüber hinaus verschwieg der Polizeioberstleutnant, wie wir noch sehen werden, bei der Schilderung des 22. Oktober einige wesentliche Vorkommnisse, die seiner verfälschenden Darstellung im Wege standen.
Wenige Tage nach dem Ende des Aufstandes verfaßte auch das damalige Mitglied der Zentrale der KPD Hermann Remmele eine kurze Darstellung des Oktoberkampfes, die im März 1924 in der Zeitschrift „Die Kommunistische Internationale“ abgedruckt wurde.3 Remmele hatte in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober 1923 als Kurier der Zentrale der KPD den Hamburger Revolutionären die Direktive überbracht, die letzten Vorbereitungen für einen am 23. Oktober 1923 zu beginnenden bewaffneten Aufstand einzuleiten;4 er war auch derjenige Kurier, der am Abend des 22. Oktober ohne Wissen der Oberleitung des KPD-Oberbezirkes Nordwest in den benachbarten Unterbezirken, zum Beispiel in Kiel, im Auftrag der gleichen Zentrale die entgegengesetzte Direktive verbreitete und so großangelegte Aktionen zur Unterstützung der Hamburger Revolutionäre unterband.5 Erst in der Nacht vom 22. zum 23. Oktober teilte er Ernst Thälmann mit, daß Brandler angeordnet habe, in Hamburg nicht mit dem bewaffneten Aufstand zu beginnen. An den folgenden Tagen nahm Remmele an einigen Beratungen führender Funktionäre der Hamburger Parteiorganisation teil. Vieles, was er über den Aufstand berichtete, beruht also auf persönlicher Wahrnehmung. Das verleiht seinem Bericht zweifellos Quellenwert. Aber die Darstellung hat Lücken. Natürlich gebot das Bestehen des kapitalistischen Staates, dessen Justizmaschine gerade gegen die Oktoberkämpfer wütete, in vielen Punkten Schweigen. Doch auch manches, was hätte berichtet werden können, ohne sich und andere zu gefährden, findet sich nicht in dem Bericht. So schrieb Remmele nicht, daß ein Kurier der Zentrale der KPD, ohne die Verbindung mit der Oberleitung des KPD-Oberbezirks Nordwest auf genommen zu haben, die Aufstandsvorbereitungen außerhalb Hamburgs desorganisiert hatte. Statt dessen berichtete er, die Hamburger Oberleitung habe von sich aus am 23. Oktober 1923 den angrenzenden Gebieten befohlen, unter keinen Umständen den bewaffneten Kampf aufzunehmen.6
Im selben Jahre erschien noch, wie aus der „Bücherkunde zur Hamburgischen Geschichte“7 hervorgeht, ein gedruckter Bericht über „Die Hamburger Oktober-Unruhen 1923“, der aber bisher in keiner der großen deutschen Bibliotheken ermittelt werden konnte; selbst in der Bibliothek des Hamburgischen Staatsarchivs ist er nicht mehr vorhanden. Wenn der Wortlaut dieser Schrift auch nicht bekannt ist, so weist doch die Formulierung des Titels darauf hin, daß es sich um eine mehr oder weniger amtliche Informationsschrift handelt, die an Tatsachen im günstigsten Falle enthält, was im Bericht von Danner überliefert wird.
Gegen Ende 1923 hatte das Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Auseinandersetzungen in der Kommunistischen Partei Deutschlands konzentriert; die Ereignisse im Herbst 1923 hatten einen revolutionären Sturm der Mitgliedschaft gegen die verräterische Politik der Brandler-Gruppe entfacht. Im Januar 1924 wurde zur gründlichen Klärung der deutschen Ereignisse eine Konferenz des Exekutivkomitees einberufen, auf der auch Ernst Thälmann Gelegenheit erhielt, die Erfahrungen darzulegen, die er im Herbst 1923 gesammelt hatte. Seine Rede beeindruckte tief. Die Anwesenheit und Mitarbeit Ernst Thälmanns ermöglichte es der Konferenz unter anderem auch, die wesentlichsten Merkmale des Hamburger Aufstandes richtig herauszuarbeiten. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden in einem Abschnitt der Resolution „Lehren der deutschen Ereignisse“ veröffentlicht. Dort gab das Exekutivkomitee eine knappe, exakte Einschätzung der Erfolge der Kampfgruppen, der Rolle der Massen, der allgemeinen und der besonderen Ursachen des Abbruchs des Kampfes und der Bedeutung des Aufstandes.8 Das macht den Beschluß zu einem wertvollen Dokument für die Darstellung der Geschichte des Hamburger Oktoberkampfes.
Unmittelbar nach dem Hamburger Aufstand setzte sich die sowjetische Schriftstellerin Larissa Reissner, die im Oktober 1923 in Deutschland weilte, mit Oktoberkämpfern in Verbindung und befragte sie nach Kampferlebnissen. Wie ein Vergleich mit den sichergestellten Tatsachen zeigt, hat man ihr dabei viele wertvolle Einzelheiten wahrheitsgetreu mitgeteilt. Larissa Reissner verarbeitete dieses Material mitsamt ihren persönlichen Erlebnissen zu einem Büchlein, das unter dem Titel „Hamburg auf den Barrikaden“ erschien. Doch der Verfasserin war es weniger um einen sachlichen, genauen Bericht als vielmehr um die literarische Gestaltung des Stoffes zu tun. Darum kann ihr Büchlein nur nach Vergleich mit anderen, gesicherten historischen Zeugnissen verwertet werden.
Weiteres wichtiges Quellenmaterial zur Geschichte des Hamburger Aufstandes erschien in den Sondernummern der „Hamburger Volkszeitung“, die bis 1932 alljährlich anläßlich der Feiern der Jahrestage des Hamburger Aufstandes herausgegeben wurden. Diese Sondernummern dienten dazu, die Arbeiterklasse an die Heldentaten der Oktoberkämpfer zu erinnern und durch eine Kritik der Fehler und Mängel des Aufstandes ideologische Aufklärungsarbeit zu leisten. Als Organ einer revolutionären Partei, die sich auf das Proletariat stützt und es zum Sieg über die kapitalistischen Ausbeuter und zum Aufbau der neuen, sozialistischen Gesellschaftsordnung führen will, war die „Hamburger Volkszeitung“ an einer wahrheitsgetreuen Berichterstattung über den Hamburger Aufstand interessiert; denn eine erfolgreiche revolutionäre Veränderung der gesellschaftlichen Zustände ist nur möglich, wenn die Parteiführung den revolutionären Arbeitern in jeder Phase der Bewegung ein möglichst wahrheitsgetreues Bild der Entwicklung und des Standes des Klassenkampfes gibt. Trotzdem mußte es dieser Zeitung versagt bleiben alles zu popularisieren, was ihre Arbeiterkorrespondenten während des Aufstandes erlebt hatten. Erstens durfte sie der Klassenjustiz kein Material zur Verfolgung von Oktoberkämpfern in die Hände spielen. Zweitens ist auch eine kommunistische Zeitung kein Organ, das Geschichte schreibt, sondern eine der schärfsten Waffen der Partei, mit denen Geschichte gemacht wird; das heißt, bei der Fülle der Tagesaufgaben der „Hamburger Volkszeitung“ war es nur möglich, jeweils den besonders aktuellen historischen Tatsachen Platz einzuräumen. Drittens konnten die Mitarbeiter der Zeitung unter den gegebenen Bedingungen keinen vollständigen Einblick in alle wesentlichen historischen Zusammenhänge nehmen, was in den veröffentlichten Artikeln und Berichten zwangsläufig zu Irrtümern und Ungenauigkeiten führte. Wenn also die Berichte über den Verlauf des Aufstandes nur Teilwahrheiten vermitteln, so gehören sie dennoch zu den wertvollsten Quellen für die Darstellung dessen, was Arbeiter während des Aufstandes erlebt haben.
Einen besonderen Platz in der Reihe der gedruckten Quellen nehmen Ernst Thälmanns Aufsätze zur Geschichte des Hamburger Aufstandes ein. Sie entstanden aus dem unermüdlichen Streben des Führers der Hamburger Oktoberkämpfer, die Ergebnisse dieses heroischen Kampfes wissenschaftlich zu verarbeiten und praktische Lehren für die Politik der Kommunistischen Partei Deutschlands daraus zu ziehen, ihre Führungs- und Kampffähigkeit zu verbessern.9 Der wertvollste Aufsatz erschien am 23. Oktober 1925 in der „Roten Fahne“, dem Zentralorgan der KPD, unter dem Titel: „Die Lehren des Hamburger Aufstandes“10 In dieser Arbeit vermittelte Ernst Thälmann den Extrakt einer gründlichen Analyse alles dessen, was er als Leiter des Aufstandes in jenen denkwürdigen drei Oktobertagen selbst gesehen oder durch Meldungen und Berichte erfahren hatte. Selbstverständlich mußte er dabei alles verschweigen, was der deutschen Bourgeoisie zu einem Gerichtsverfahren gegen die KPD und ihre Führung hätte dienen können. Deshalb sind in seiner Arbeit zum Beispiel keine konkreten Angaben über den unmittelbaren Anlaß des Aufstandes zu finden. Doch Thälmann nannte die wichtigsten Ursachen des Aufstandes. Er wies eindeutig alle Auffassungen zurück, der Ausbruch des Aufstandes sei nur auf die Wirkung eines verhängnisvollen Zufalls oder auf den Willen einiger Verschwörer zurückzuführen. Stolz rühmte Ernst Thälmann die Oktoberkämpfer, die in einer revolutionären Situation auch ohne sichere Garantie für den Sieg zu den Waffen gegriffen hatten. Zugleich deckte er in schonungsloser Kritik und Selbstkritik die allgemeinen und besonderen Ursachen auf, die trotz heldenmütigen Kampfes den Rückzug unvermeidlich gemacht hatten. Da aber die Hamburger militärische Leitung der KPD am 23. Oktober versagt, keinerlei zusammenfassende Meldungen über den Kampfverlauf erarbeitet und auch keine Kurierverbindung zu Ernst Thälmann aufgenommen hatte,11 war es ihm nicht möglich, über alle militärischen Ereignisse des ersten Tages ganz genaue Aussagen zu machen. Das ist bei jenem Teil des Artikels zu beachten, in dem der Sturm auf die Polizeiwachen behandelt wird. Dessenungeachtet ist der Aufsatz für das Studium der Geschichte des Hamburger Aufstandes von grundlegender Bedeutung. Die Aufsätze, die Ernst Thälmann in den Jahren von 1926 bis 1928 in der „Roten Fahne“ über den Hamburger Aufstand veröffentlicht hat, stützen sich im Grundsätzlichen auf den Aufsatz von 1925. Der Führer des Hamburger Aufstandes hob jedoch entsprechend der jeweiligen konkreten Situation diese oder jene wichtigen Lehren besonders hervor und erläuterte und vertiefte sie zuweilen an Hand bisher nicht erwähnter Fakten, so daß auch diese Arbeiten für einige Einzelfragen selbständigen Quellenwert besitzen.
Mit der Frage nach den Lehren des Hamburger Aufstandes beschäftigten sich nicht nur Führer der Arbeiterklasse, sondern auch der Polizeioberstleutnant Hartenstein, der während des Aufstandes die Polizeiaktionen in Barmbeck geleitet hatte. Er versuchte in seinem 1926 erschienenen Buch „Der Kampfeinsatz der Schutzpolizei bei inneren Unruhen“, vom Standpunkt der herrschenden Klasse aus Lehren für zukünftige bewaffnete Klassenkämpfe zu ziehen. Dieses Vorhaben machte eine etwas ausführlichere Darstellung des Aufstandes notwendig. Wie ein Vergleich mit den inzwischen aufgefundenen polizeilichen Gefechtsberichten ergibt, stützte sich Hartenstein bei dieser Schilderung des Aufstandes im wesentlichen auf die Originalberichte, die die Polizeioffiziere von Arnim und Danner und er wenige Tage nach dem Aufstand über die von ihnen geleiteten Polizeiaktionen verfaßt hatten. Hartenstein veröffentlichte den größten Teil dieser Berichte in vollem Wortlaut ohne sie entsprechend zu kennzeichnen. Gleichzeitig flocht er eine Reihe bedeutungsvoller Ergänzungen und Erläuterungen ein, die großenteils auf persönlicher Wahrnehmung beruhten. Es war Hartenstein zum Beispiel aufgefallen, daß die Führer der Hamburger Revolutionäre eine besondere Aufstandstaktik entwickelt hatten, die dem Vortrupp der Arbeiterklasse bei jedem Aufstand von vornherein größere Erfolge ermöglichte und damit eine denkbar günstige Basis für große bewaffnete Massenaktionen schuf. Darum bemühte er sich, jene Taktik, die für die Polizei so gefährlich gewesen war, am Beispiel des Hamburger Kampfverlaufs deutlich zu demonstrieren und gleichzeitig seine Rolle als „Entdecker“ der geeignetsten Gegenmaßnahmen ins beste Licht zu rücken. Die Tatsache, daß das erstere auf Grund von Originalberichten und persönlichen Wahrnehmungen geschehen ist, verleiht dem Buche Hartensteins einen beträchtlichen Quellenwert. Aber der Polizeiführer gab den Inhalt der Originalberichte nicht immer getreu wieder. Das verbot ihm vor allem die von seinem Klassenstandpunkt bestimmte Konzeption des Buches, die darauf hinauslief zu beweisen, daß die Polizei trotz der weiterentwickelten marxistischen Aufstandstaktik den Kampfgruppen der Arbeiter nach wie vor weit überlegen und die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung durch die Polizei somit gewährleistet sei, wenn letztere sich den Kampfmethoden der Aufständischen anpasse. Dieser Konzeption zuliebe verfälschte er die Situation am Vorabend des Aufstandes noch mehr, als es Danner in seinem Bericht getan hatte. Hartenstein wiederholte mehrmals die Behauptung Danners, daß den Kommunisten der Sturm auf die Wachen nur deshalb geglückt sei, weil die Polizei in der Nacht vom 22. zum 23. Oktober nichts über die bevorstehende kommunistische Aktion gewußt habe. Wäre der Polizei etwas davon bekannt gewesen, versicherte Hartenstein, so hätte sie gewiß den Aufstand im Keime erstickt.12 Darüber hinaus scheute Hartenstein nicht davor zurück, in einigen Punkten den Inhalt seines eigenen Gefechtsberichts im Sinne der dargelegten Konzeption direkt verfälscht oder teilweise revidiert wiederzugeben. Der Polizeikommandeur übertrieb vor allem die Auswirkungen des Einsatzes der ihm unterstellten Polizeiverbände. Diese durch den Klassenstandpunkt des Verfassers bedingte Trübung der Quelle mindert ihren Wert; sie kann aber nach Vergleich mit den Originalberichten und anderen gesicherten Tatsachen sehr nützlich sein.
Bald danach, ebenfalls 1926, veröffentlichte die kommunistische militärpolitische Zeitschrift „Oktober“ einen Bericht „Aus den Hamburger Oktobertagen“13 Wie es in solchen Fällen damals notwendig war, wurden weder der Name des Verfassers noch irgendwelche anderen Personalien genannt. Im Text jedoch wurde darauf hingewiesen, daß es sich um einen Bericht des ehemaligen militärischen Leiters des Barmbecker Ordnerdienstes (OD) der KPD handle. Auf eine exakte Ermittlung dieses Verfassers durch Stilvergleiche mußte im Rahmen der vorliegenden Arbeit verzichtet werden. Aber die Gewissenhaftigkeit und Unbestechlichkeit des verantwortlichen Herausgebers des „Oktobers“, Ernst Schnellers, der 1923 dem Militärischen Rat der KPD angehörte, geben die Garantie, daß die Angaben über den Verfasser stimmen. Der Bericht umfaßt nur eine kurze örtliche Vorgeschichte, beschreibt dann die Kämpfe in Barmbeck und läßt alles darüber Hinausgehende unerörtert. Der Verfasser stellte sich die Aufgabe, neben den bereits anerkannten lichten Seiten des Aufstandes auch die militärpolitischen Fehler herauszuarbeiten, die der Hamburger Parteiorganisation während der Oktoberkämpfe unterlaufen waren. Er bemühte sich in erster Linie darum, Material für eine Kritik der Fehler zusammenzutragen. Aber abgesehen von der einseitigen Aufgabenstellung, übte er auch nur einseitige Kritik; er kritisierte nur die übergeordneten Leitungen. Bei sich selbst suchte er nicht nach Fehlern, und wo sie offen zutage traten, bemäntelte er sie. Sein ganzes Bemühen lief objektiv darauf hinaus, sich als die Hauptfigur der Hamburger Kämpfe darzustellen. Die Tendenz des Verfassers, sich selbst in den Vordergrund zu spielen, ist wohl auch der tiefere Grund dafür, daß er verhältnismäßig wenige Beispiele vom heldenmütigen Kampf der Stoßtrupps überlieferte. Trotz des genannten Bestrebens des Verfassers ist sein Bericht über die Kämpfe in Barmbeck weitgehend glaubwürdig. Er lieferte neben der Kritik einiger Fehler der Aufständischen auch eine bedeutsame Kritik und Richtigstellung des Hartensteinschen Berichtes.
Von Bedeutung ist ferner die kleine Schrift „Hamburg im Aufstand“14, die nach dem Prozeß gegen angebliche Führer des Aufstandes im Jahre 1925 erschienen ist. Sie enthält im wesentlichen biographische Daten der Angeklagten und Auszüge aus den Reden, die die Angeklagten vor Gericht gehalten haben. Die Broschüre liefert für die Darstellung einiger Ereignisse am Vorabend des Aufstandes beachtenswerte Hinweise.
So hatte sich bereits in den wenigen Jahren von 1923 bis 1926 viel Material zur Geschichte des Hamburger Aufstandes angesammelt, das den Historikern, die bei der Darstellung der ersten Jahre der Weimarer Republik auch zum Oktoberaufstand Stellung nehmen mußten, ein ziemlich hinreichendes Fundament zweifelsfreier Tatsachen zur Verfügung stellte. Es ist deshalb hier der Ort, die Frage einzuschalten, inwieweit die Geschichtsschreiber diese Quellen benutzt haben.
2. Die Geschichtsschreibung über den Hamburger Aufstand
Das Interesse der Werktätigen an einer wahrheitsgetreuen Darstellung des Hamburger Aufstandes entstand sofort nach dem Abbruch des bewaffneten Oktoberkampfes. Aber die bürgerliche Zeitgeschichts- und Geschichtsschreibung, deren Hauptaufgabe im 20. Jahrhundert darin besteht, die jeweils vorherrschenden imperialistischen Propagandathesen scheinwissenschaftlich zu untermauern, war naturgemäß nicht daran interessiert, ein Ereignis darzustellen, das die große Schwäche und tödliche Verwundbarkeit des deutschen Imperialismus offenbart hatte und sich so gut wie gar nicht für die übliche antikommunistische Propaganda eignete. Nur dort, wo man den Schein wissenschaftlicher Vollständigkeit wahren wollte oder wo es sich um antikommunistische Spezialarbeiten handelte, wurde der Hamburger Aufstand in kurzen Ausführungen erwähnt und verfälscht.
Gegen Ende der Weimarer Republik veröffentlichte Karl Siegmar Baron von Galéra die ersten Bände einer „Geschichte unserer Zeit“, in die er auch eine kurze Übersicht über den Verlauf des Aufstandes aufnahm. Er behandelt den heroischen Kampf der Hamburger Arbeiter als eine Art Lebensmittelunruhe,15 bemerkt jedoch wenig später, daß es sich um einen großangelegten kommunistischen Putschversuch gehandelt haben soll.16 Fast alle konkreten Angaben über die Hamburger Ereignisse sind falsch oder ungenau. Galéra, der seinen Lesern Literaturhinweise vorenthält, verschweigt vor allem, was die gedruckten Quellen von den Massenaktionen überliefern, mit denen die Hamburger Werktätigen den Aufstand unterstützt hatten, denn nur durch Verschweigen dieser Tatsache konnte der Aufstand in einen Putsch, das heißt in einen von den Massen isolierten bewaffneten politischen Handstreich, umgefälscht werden.
In der faschistischen Geschichtsschreibung wurde der Hamburger Aufstand völlig verschwiegen.
Soweit sich emigrierte bürgerliche Historiker im Ausland mit der Geschichte der Weimarer Republik beschäftigten, verharrten sie in bezug auf den Hamburger Aufstand auf der Linie der Geschichtsverfälschung. Der kommunistische Renegat und spätere Sozialdemokrat Arthur Rosenberg, der im Vorwort seiner „Geschichte der deutschen Republik“ vorgibt, alle seine Urteile aus Tatsachen zu entwickeln,17 ignorierte bei der Behandlung des Oktobraufstandes die gedruckten Quellen und stellte die Tatsachen geradezu auf den Kopf. Die Hamburger KPD, schrieb er, habe in keiner Weise die Arbeiter auf einen Entscheidungskampf vorbereitet, und der Aufstand sei nur durch ein Mißverständnis zustande gekommen.18 Diese Auffassung verbreitete sich in den angelsächsischen Ländern. A. Sturmthal wiederholte nicht nur in seinem Werk „The Tragedy of European Labor“ die Ansichten Rosenbergs, sondern überspitzte sie noch. In Hamburg, schrieb er, hätten sich die Arbeiter während des Aufstandes völlig indifferent verhalten.19
Auch nach 1945 änderten die bürgerlichen Historiker nicht ihr Verhalten zum Oktoberaufstand. Sie blieben bei der Taktik des Verschweigens oder der Verfälschung. So ignoriert das neueste Handbuch der deutschen Geschichte, das von P. Rassow herausgegeben wurde,20 noch immer dieses Ereignis, und selbst in dem neuesten Werk zur hamburgischen Geschichte von B. Studt und H. Olsen21 wird der Aufstand verschwiegen.
Der bürgerliche Historiker G. W. F. Hallgarten, der die historische Entwicklung eklektizistisch mit Elementen materialistischer und idealistischer Geschichtsauffassung zu erklären sucht und zu seinen Arbeiten oft wertvolles Quellenmaterial heranzuziehen weiß, bezeichnet den Oktoberaufstand ohne Quellenhinweis als einen „durch widerspruchsvolle Anordnungen vorzeitig ausgelösten Kommunistenputsch“22, und der Sozialdemokrat F. Stampfer wiederholt die Behauptung vom „ganz überraschend ausgebrochenen“ „Kommunistenputsch“.23 Eine besonders üble Verfälschung leistet sich O. K. Flechtheim in seinem Buch „Die Kommunistische Partei Deutschlands in der Weimarer Republik“; er übernimmt im wesentlichen die Verleumdungen einer nazistischen Hetzschrift.
Die Erforschung der Geschichte des Hamburger Aufstandes und die Kritik der bürgerlichen Legende vom „Hamburger Kommunistenputsch“ ist eine der Aufgaben der Historiker der Deutschen Demokratischen Republik. Als die ruhmreiche Sowjetarmee 1945 das deutsche Volk vom Joch des Hitlerfaschismus befreite, schuf sie im Osten Deutschlands nicht nur die Freiheit für den Aufbau eines deutschen Arbeiter- und Bauernstaates, sondern zugleich neben vielem anderem auch die Voraussetzung für ein Aufblühen der deutschen Geschichtswissenschaft. Mehr noch, sowjetische Wissenschaftler halfen uns, wie auf allen Gebieten des Lebens, auch bei der Herausarbeitung der nationalen Traditionen unseres Volkes. So war es kein Zufall, daß der sowjetische Historiker D. Dawidowitsch 1948 eine Spezialarbeit über den Hamburger Aufstand veröffentlichte.24 Er löst bereits eine Reihe wesentlicher Fragen, die sich auf die Chronologie und den Verlauf der bewaffneten Kämpfe sowie auf die Gründe für den bewaffneten Rückzug beziehen. Vor allem stellt er den Aufstand in einen engen Zusammenhang. mit der revolutionären Krise des Jahres 1923 und zeigt auch den unmittelbaren Anlaß, der zur Auslösung des vorbereiteten Aufstandes führte. Der Autor schildert die führende Rolle Ernst Thälmanns, meint jedoch irrtümlicherweise, daß der Führer des Hamburger Aufstandes erst am Abend des 23. Oktober erfahren habe, daß, außer in Barmbeck, in der Stadt nicht mehr gekämpft werde. Vom Ausgang der Chemnitzer Konferenz soll Thälmann nach Meinung von Dawidowitsch erst am Abend des 24. Oktober erfahren haben. Der Verfasser hält auch die Behauptung des sozialdemokratischen Polizeisenators, daß die Polizei absolut nichts von einer bevorstehenden kommunistischen Aktion gewußt habe, für glaubwürdig. Seine Arbeit stützt sich im wesentlichen auf die gedruckten Berichte von Remmele und Hartenstein, auf Dokumente des Exekutivkomitees der III. Internationale, auf Berichte einiger Berliner Tageszeitungen und auf einige Materialien des Moskauer Revolutionsmuseums. Leider sind Dawidowitschs Literatur- und Quellenhinweise in einigen Punkten ungenau. Aber trotz dieser und einiger anderer Mängel bleibt es das große Verdienst des Verfassers, mit seiner Arbeit den Anstoß zur wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Hamburger Aufstandes gegeben zu haben.
Schließlich gab Walter Ulbricht in seiner Arbeit „Die Nachkriegskrise in Deutschland und die Ereignisse des Jahres 1923“ einen kurzen Abriß der Geschichte des Hamburger Aufstandes.25 Wenn auch wenige Quellen- und Literaturhinweise gemacht werden, so ergibt doch ein Vergleich, daß die Darstellung Walter Ulbrichts zum größten Teil mit den vorhergenannten Quellen übereinstimmt. Einige Angaben, die dort zum Beispiel über die Überrumpelung der Polizeiwachen in Barmbeck, über die Stärke der dort eingesetzten Polizei- und Truppenverbände und über einige andere Einzelheiten gemacht werden, sind jedoch ungenau. Das erklärt sich wohl hauptsächlich daraus, daß für die Darstellung einiger Details keine Archivalien zur Verfügung standen.
Diese Quellen zur Geschichte des Hamburger Aufstandes müssen vor allem in den deutschen Archiven von marxistischen Historikern erschlossen werden. Damit zu beginnen ist eine der Aufgaben, die sich der Verfasser in der vorliegenden Arbeit gestellt hat.
3. Archivalische Quellen
Im Deutschen Zentralarchiv, Potsdam, ist in den Aktenbeständen des ehemaligen Reichsministeriums des Innern ein Aktenheft über die Hamburger Unruhen des Jahres 1923 vorhanden, das unter anderem den vom 6. November 1923 datierten Bericht des Chefs der Hamburger Ordnungspolizei, Danner, über die Unruhen in Hamburg vom 20. bis 26. Oktober 192326 enthält. Dieser Bericht deckt sich im wesentlichen mit Danners bereits erwähntem gedrucktem Bericht. Nur in einem Punkt unterscheidet sich der Originalbericht vom gedruckten. Während im letzteren genaue Angaben über die Verluste der Gegenseite fehlten, bezifferte Danner sie im Originalbericht mit 61 Toten und 267 Verwundeten.27 Was im übrigen grundsätzlich zu diesem Bericht zu sagen ist, ist bereits bei der Behandlung seiner gedruckten Fassung gesagt worden.
Seinem zusammenfassenden Bericht hatte Danner noch Abschriften der Originalberichte des Polizeioberstleutnants von Arnim über das Unternehmen gegen die Polizeiwache 42, des Polizeimajors Hartenstein über die Aktionen gegen Barmbeck und seines eigenen Berichts über den Einsatz gegen Schiffbek-Bergedorf beigefügt. Von Arnim gibt in seinem „Gefechtsbericht über die Wiedereinnahme der Polizeiwache 42 am 23.10.1923“28, den er am 3. November 1923 verfaßt hat, einen Überblick über den Ablauf der Kämpfe in Eimsbüttel, der im wesentlichen zuverlässig ist. Der Verfasser bemüht sich jedoch, die unentschlossene Kampfführung der ihm unterstellten Polizeiverbände zu beschönigen, und verschweigt die gemeine Gefangenenmißhandlung, die in der- wiedereroberten Polizeiwache verübt wurde.29 Weniger zuverlässig ist der Bericht des Polizeimajors Hartenstein „Über die Unruhen in Barmbeck-Nord und Süd am 23. und 24.10.23“30 vom 26. Oktober 1923. Hartenstein stellt die Lage der Polizei, in der sie sich am Vormittag des 23. Oktober befunden hat, bedeutend günstiger dar, als sie in Wirklichkeit gewesen ist. Die Wachen, Streifen und Zivilpatrouillen, auf deren Angaben Hartenstein sich gestützt hat, haben ihm offenbar in vielen Punkten ein falsches Bild vermittelt. So ist zum Beispiel am 23. Oktober 1923 das von den Aufständischen beherrschte Gebiet in Süd- Barmbeck bedeutend größer gewesen, als Hartenstein in seinem Bericht angibt. Einigermaßen genau sind die Teile des Berichts, in denen Hartenstein auf Grund seiner eigenen Tätigkeit den Verlauf der Kampfhandlungen schildert. Aber er verschweigt, daß die ihm unterstellten Polizeiverbände nur dort stundenlang die Stellungen der Arbeiter bestürmt haben, wo es genügend Offiziere zum Antreiben gegeben hat;31 er verschweigt die wirkliche Zahl der Polizisten, die in Barmbeck unter seinem Befehl gekämpft haben; er übertreibt außerordentlich die zahlenmäßige Stärke und die Verluste der Barmbecker Oktoberkämpfer, denn er will offensichtlich den Eindruck erwecken, die von ihm geführten Polizeiverbände hätten einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner siegreich geschlagen. Auch Danners „Bericht über die Unruhen in Schiffbek, Ober- und Niederschleems, Kirchsteinbek und Bergedorf-Sande“32 ist nicht frei von Übertreibungen, und genauso wie von Arnim und Hartenstein verschweigt auch er, daß die hier eingesetzten Verbände nach Beendigung des Kampfes Gefangene mißhandelt haben.33
Soviel Wertvolles diese Gefechtsberichte auch für eine genaue Chronologie des Kampfverlaufs liefern, sowenig helfen sie bei der Klärung der Vorgänge, die sich kurz vor und während des Wachensturms ereignet haben.
Im Archiv des Instituts für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED, Berlin, befindet sich ein umfangreiches Aktenheft, in dem das Reichskonimissariat für Überwachung der öffentlichen Ordnung alles Wesentliche zusammengefaßt hatte, was polizeiliche und gerichtliche Untersuchungen über den Hamburger Aufstand ergeben hatten. Neben den bekannten Berichten der Polizeioffiziere Danner, von Arnim und Hartenstein enthält das Aktenheft unter anderem die Abschriften zweier Berichte von kommunistischer Seite über den Hamburger Aufstand, die der hamburgischen Polizeibehörde im November 1923 „vertraulich bekannt“34 geworden sind. Einer dieser Berichte, „Die Oktoberkämpfe in Hamburg. 23.-25. Oktober 1923“35, verfolgte in erster Linie den Zweck, der deutschen Arbeiterklasse die Erfahrungen der Hamburger Barrikadenkämpfer „auf schnellstem Wege zugänglich zu machen“. Ein Vergleich mit den bereits genannten Quellen zeigt, daß der unbekannte Verfasser im allgemeinen jede Übertreibung vermieden hat. Wo er auf Grund nicht ausreichender Informationen, zum Beispiel in der Frage des Resultats des Wachensturms, keine genauen Angaben machen konnte, nannte er die Zahl, die die bürgerliche Presse veröffentlicht hatte. Übertrieben sind lediglich die Angaben über die Verluste der Polizei. Abgesehen von einigen zeitbedingten kleinen Irrtümern, ist der Bericht im wesentlichen eine zuverlässige Quelle.
Das zweite Schriftstück ist die Abschrift eines Berichtes über den Hamburger Aufstand, der für die Nachrichtenabteilung der Oberleitung des Oberbezirks Nordwest der KPD bestimmt war.36 Dieser Bericht beschäftigt sich hauptsächlich mit den begangenen Fehlern. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, daß die Hamburger Kommunisten auf Grund der noch immer andauernden verschärften wirtschaftlichen und politischen Krise mit der Möglichkeit eines allgemeinen bewaffneten Aufstandes der Arbeiter ganz Deutschlands rechnen mußten und es vor allem also darauf ankam, nicht die Fehler des Hamburger Aufstandes zu wiederholen. Der Bericht betont besonders das Versagen der militärischen Leitung der Hamburger Parteiorganisation. Die diesbezüglichen Ausführungen machen wahrscheinlich, daß es sich bei dem Verfasser des Berichtes um einen Funktionär gehandelt haben muß, der einen tieferen Einblick in die internen Vorgänge in der Kampfleitung gehabt hat. Während er einerseits den Zusammenbruch der militärischen Leitung schonungslos enthüllt, schildert er andererseits, wie sich die Barmbecker Kämpfer trotz des folgenschweren Versagens dieser Leitung hervorragend bewährten. Was als Beweis dafür genannt wird, ist im wesentlichen zuverlässig. Was jedoch über den Kampfverlauf in den anderen Stadtteilen berichtet wird, entspricht nicht immer den Tatsachen. Das ist offenbar auch hier auf mangelhafte Information zurückzuführen. So wird in dem Bericht die Zahl der überrumpelten Wachen zu niedrig angegeben, und auch was die anderen Kämpfe der Arbeiter betrifft, ist der Bericht sehr unvollständig. Es findet sich in ihm eine in manchen Punkten überspitzte Kritik, die den Fehlern der Aufständischen gegenüber ihren Erfolgen ein Übergewicht verleiht, was keinesfalls dem Inhalt der vorhergenannten Quellen entspricht.
Ferner enthält das genannte Aktenheft das Urteil das die Strafkammer 7 des Landgerichts in Hamburg am 18. Februar 1925 gegen angebliche Führer des Aufstandes gefällt hat.37 In der umfangreichen Begründung des Urteils hat das Gericht alles Wesentliche zusammengetragen, was es über die Vorbereitung und Durchführung des Aufstandes ermitteln konnte. Die Urteilsbegründung zeigt an Hand von Auszügen aus Artikeln der „Hamburger Volkszeitung“, aus Rundschreiben und Berichten der KPD-Bezirksleitung Wasserkante die ideologische und organisatorische Vorbereitung des Oktoberaufstandes. Was in dieser Beziehung angeführt wird, ist im wesentlichen glaubwürdig. Jedoch die Einschätzung, wie weit die Angeklagten an der Führung des Aufstandes beteiligt waren ist haltlose Konstruktion. Auch wo sich das Gericht auf Eingeständnisse der Angeklagten beruft, ist das Urteil oft nicht glaubwürdig. In einigen Fällen haben die Angeklagten dem Gericht bewußt irreführende Aussagen gemacht, und das Gericht hat ihnen zum Teil glauben müssen, weil es ihm trotz jahrelanger Vernehmungen und Untersuchungen nicht gelungen war, sich einen vollständigen Einblick in die Zusammenhänge zu verschaffen. Aber trotz dieser und anderer klassenmäßig bedingter Trübungen bleibt das Urteil des hamburgischen Landgerichts vom 18. Februar 1925 eine wichtige Quelle zur Geschichte des Hamburger Aufstandes.
Schließlich befindet sich in dem Aktenheft die „Denkschrift über die Unruhen im Oktober 1923 im Gebiete Groß-Hamburg“38, welche die Zentralpolizeistelle Hamburg im Jahre 1926 auf Grund der polizeilichen Untersuchungen und der gerichtlichen Verhandlungen „zum dienstlichen Gebrauch“ zusammengestellt hatte. Die Verfasser der Denkschrift schilderten hauptsächlich die Vorbereitung des Aufstandes und die mannigfaltigen Methoden der Überrumplung und der Gegenwehr der Polizeiwachen, um der gesamten deutschen Polizei für einen zukünftigen ähnlichen Fall einen hinreichenden Erfahrungsschatz zu vermitteln. Sie gestanden manches ein, was Danner und Hartenstein verschwiegen oder geleugnet hatten. Aber auch diese Denkschrift verschwieg noch immer das Gesamtresultat des Sturmes auf die Wachen. Die Tendenz, die aufgetretenen Schwächen der Polizei zu beschönigen oder zu vertuschen, ist hier zwar bedeutend schwächer, bleibt jedoch bei allen Fragen bemerkbar, denen eine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Außerdem: Manche Wachmannschaft hatte ihre kampflose Kapitulation am Morgen des 23. Oktober durch unwahre Aussagen beschönigt oder verdeckt. Aus Furcht vor Maßregelung oder Entlassung hatte sie über die Zahl und das Verhalten der Wachenstürmer übertriebene Angaben gemacht,39 die ihnen die arbeiterfeindliche Justiz bereitwillig als glaubwürdig abnahm und die schließlich auch in die Denkschrift Eingang fanden, was letztere in einigen Punkten unzuverlässig macht. Doch die Mehrzahl der geschilderten Ereignisse ist in der Denkschrift wahrheitsgetreu dargestellt.
Weil aber alle bisher aufgezählten Quellen fast gar nichts über die Tätigkeit der Kampfleitung der Aufständischen überliefern, hat der Verfasser eine diesbezügliche Befragung von Aufstandsteilnehmern versucht. Das erschien zunächst nach den mehr als 30 Jahren, die seit dem Aufstand verflossen sind als ein wenig hoffnungsvolles Unternehmen. Doch der Verfasser hielt es trotzdem für seine Pflicht, eine Reihe von Versuchen zu machen.
20 Aufstandsteilnehmer stellten sich in dankenswerter Weise zur Berichterstattung und Befragung zur Verfügung. Ihre Berichte wurden nach den Regeln des Zeugenverhörs abgehört und an Hand des kritisch gesichteten Quellenmaterials überprüft. Das schaltete zwar die naturgemäß subjektive Färbung der Berichte nicht ganz aus, minderte sie jedoch in bedeutendem Maße. Das Ergebnis des Abhörens dieser kurzen, sachlichen Berichte übertraf alle Erwartungen. Als unzuverlässig mußten nur die Berichte von zwei der zwanzig Zeugen ausgeschieden werden. Die übergroße Mehrheit der unabhängig voneinander Befragten zeichnete sich durch ein erstaunlich gutes Gedächtnis aus. So schilderten Oktoberkämpfer, die Polizeiwachen gestürmt hatten, den Verlauf des Sturms mit fast allen bedeutsamen Einzelheiten in Übereinstimmung mit der „Denkschrift über die Unruhen im Oktober 1923 im Gebiete Groß-Hamburg“, die ihnen allen unbekannt war. Diese außergewöhnliche Gedächtnisleistung erklärt sich vor allem daraus, daß es um ein Ereignis ging, das zu den erregendsten und gefährlichsten Erlebnissen der Befragten gehört. Leider fanden sich unter ihnen nur drei Aufstandsteilnehmer, die während des Aufstandes zu den engeren Mitarbeitern Ernst Thälmanns gehört hatten. Ergibt sich aus diesen Berichten auch kein vollständiges Bild über die Tätigkeit der Oberleitung des Aufstandes, so vermitteln sie dennoch eine Reihe wichtiger Tatsachen, die für die Darstellung des Ausbruchs und des Verlaufs des Aufstandes von großer Bedeutung sind.
Es ist nicht vorauszusehen, wann es möglich sein wird, noch jene archivalischen Quellen zur Geschichte des Oktoberaufstandes zu erschließen, die im hamburgischen Staatsarchiv liegen. Solange dem die Klassenherrschaft des Monopolkapitals in Westdeutschland entgegensteht, ist es unmöglich, eine abschließende Darstellung des Hamburger Oktoberaufstandes zu geben. Die vorliegende Darstellung ist also nur eine Vorarbeit, die auf der Grundlage der oben behandelten Quellen den Verlauf der Kampfhandlungen und der Massenaktionen skizziert und wichtige Vorgänge an Hand von Beispielen illustriert.
ZWEITES KAPITEL
Die Grundzüge der wirtschaftlichen und politischen Situation zwischen Herbst 1922 und Mitte Oktober 1923
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Wer die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit untersucht, stößt vor allem auf rasche Konzentration der Produktion und des Kapitals, auf stärkeres Hervortreten der Herrschaft der Monopole, auf sprunghaftes Anwachsen der Inflation und auf eine außerordentliche Verelendung der Volksmassen.
Das ökonomische Grundgesetz des monopolistischen Kapitalismus, die Sicherung kapitalistischen Monopolprofits durch verschärfte Ausbeutung der werktätigen Klassen, setzte sich in Deutschland unter den Bedingungen der revolutionären Nachkriegskrise hauptsächlich mit Hilfe fortschreitender Geldentwertung durch.
Die Inflation senkte die Reallöhne der Arbeiter weit unter das Existenzminimum und ermöglichte den Kapitalisten eine gesteigerte Ausbeutung der Lohnarbeit. Des weiteren liehen sich vor allem Großindustrielle von den Banken riesige Summen, erwarben damit Aktien schwächerer Konkurrenten, erweiterten Betriebe und zahlten dann später die ausgeliehenen Summen in entwerteter Währung zurück. Wenn Stinnes mit rund 100 Millionen Goldmark in den Krieg eintrat, sein Vermögen während des Krieges verdreifachte40, es während der Inflation aber auf mehr als eine Milliarde Goldmark erhöhen konnte;41 wenn Otto Wolff 1918 nicht mehr besaß als eine bedeutende Eisenhandelsfirma, aber 1923 mit einem gewaltigen eigenen Konzern als Gegenspieler des allmächtigen Stinnes aufzutreten in der Lage war;42 wenn Peter Klöckner infolge von Kriegsverlusten 1918 nicht mehr zu den großen Montankönigen zählte, aber am Ende der Inflation wieder als Konzernherr größer denn je dastand;43 und wenn schließlich die großen deutschen Reedereien 1919 nur noch über eine Handelsflotte von etwa 500.000 Tonnen Gesamttragfähigkeit verfügten, aber von 1921 bis 1923 eine mit den neuesten technischen Errungenschaften ausgerüstete neue Handelsflotte von 2,5 Millionen Tonnen Tragfähigkeit bauen konnten44 – dann wird deutlich, in welchem Maße die deutschen Konzernherren die Inflation zur Erzielung von Höchstprofiten genutzt haben.
Doch je schneller der Wert der Mark sank, desto mehr fürchteten die führenden Industriellen ein plötzliches Ende der Geldentwertung mit darauffolgender Deflation und Absatzstockung. Um letzterem vorzubeugen, verhandelte Stinnes im Herbst 1922 mit de Lubersac, einem Vertreter französischer Imperialisten, über die Beteiligung des Stinnes-Konzerns am Wiederaufbau der zerstörten französischen Gebiete. Selbstverständlich ging es Stinnes nicht um echte Wiedergutmachung, sondern in erster Linie darum, einen Vorwand für die langfristige verschärfte Ausbeutung des deutschen Volkes zu bekommen und durch ein Kompromiß mit den französischen Imperialisten dem Stinnes-Konzern auch für die nächsten Jahre möglichst hohen Profit zu sichern. Stinnes’ Plan lief darauf hinaus, die Macht seines Konzerns durch politische Zugeständnisse von seiten Frankreichs und durch rigorose Ausbeutung der deutschen Werktätigen ins Unermeßliche zu steigern. Stinnes wollte sich für die Aufnahme einer Goldanleihe durch Deutschland zum Wiederaufbau Frankreichs und zur Markstabilisierung einsetzen, wenn die Alliierten und speziell Frankreich das Rheinland und das Saargebiet räumten und auf alle Sanktionen gegen Deutschland verzichteten. Die Goldanleihe sollte nach dem Stinnes-Plan durch die Einführung des Zehnstundentages für die deutschen Werktätigen für die Dauer von 10 bis 15 Jahren abgetragen werden. Das heißt, je Kopf der deutschen Bevölkerung sollten bis zu 9000 unbezahlte Überstunden geleistet werden. Außerdem verlangte Stinnes ein auf 5 Jahre befristetes Streikverbot in allen lebenswichtigen Betrieben, das die schwere Bestrafung Streikender einschloß. Schließlich forderte Stinnes den völligen Verzicht auf den Schutz von Konsumenteninteressen. Für alle Leistungen an Frankreich sollte der Stinnes-Konzern 6 Prozent Kommission erhalten, außerdem bedang sich Stinnes Provisionen für die von ihm kontrollierten Banken aus.45
Das war die Generallinie des mächtigsten deutschen Konzerns, die in den nächsten Monaten verfolgt werden sollte.
Den französischen Industriellen bot der „König der Ruhr“ Beteiligung am Wiederaufbaugeschäft und Gründung europäischer Kartelle an. Jedoch die französischen Industriellen wollten sich nur dann beteiligen, wenn man ihnen den Hauptanteil von 60 Prozent anböte und die deutschen Konzerne sich mit 40 Prozent begnügten.46 Aber das lehnte Stinnes ab; sein Plan zielte, wie der Chef der Westeuropäischen Abteilung des US-Departments of State, W. R. Castle, treffend feststellte, auf „einen riesenhaften Trust, einen deutschen Trust mit französischem Schwanz, der sicherlich versuchen würde, die Welt zu beherrschen“47. Nachdem Stinnes bemerkt hatte, daß sich die französischen Imperialisten seinen Absichten verschlossen, versuchte er, die Grundzüge seines Plans auf anderem Wege zu verwirklichen. Er torpedierte alle Bemühungen, die Währung zu stabilisieren; der Reichsverband der deutschen Industrie unterstützte ihn und erklärte, er erachte die Zeit zur Stabilisierung „für noch nicht gekommen“48. Stinnes trieb zum Sturz des ihm unbequemen Reichskanzlers Wirth (Zentrum). Ebert beauftragte auf Empfehlung der Stinnes-Gruppe den Direktor der HAPAG, Wilhelm Cuno, mit der Bildung eines neuen Kabinetts. So entstand eine rechtsorientierte Reichsregierung, die durch Nichtlieferung verhältnismäßig unbedeutender Mengen von Schnittholz und Telegrafenstangen an die Reparationskommission den französischen Imperialisten die benötigte Handhabe für einen Einmarsch in das Ruhrgebiet lieferte.49
Als der französische Ministerpräsident Poincaré und seine Hintermänner vom Comité des Forges, dem Hauptverband der französischen Schwerindustrie, Anfang Januar 1923 das Signal zum Einmarsch in das Ruhrgebiet gaben, war es klar, daß diese Gruppe der Imperialisten sich vor allem eine Kohlenbasis für ihre lothringischen Stahlwerke und eine solide industrielle Basis für ihre Vorherrschaft in Europa sichern wollte. Deshalb hatten die deutschen Schwerindustriellen unmittelbar vor dem Einmarsch französischer Truppen die Zentrale des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats nach Hamburg verlegt. Diese Maßnahme zielte darauf ab, die französischen Kräfte zu Einzelverhandlungen mit vielen Zechen und damit zur Verzettelung ihrer Kräfte zu zwingen.
Mit der Politik des sogenannten passiven Widerstandes versuchten die deutschen Imperialisten, ihren französischen Konkurrenten bei der Ausbeutung des Ruhrgebiets noch größere Schwierigkeiten zu bereiten und die französischen Schwerindustriellen zum Nachgeben zu bewegen. Überdies wiegten sie sich in der Hoffnung auf anglo-amerikanische Hilfe.50 Doch auch das sollte trotz der engen Beziehungen, die Cuno zum Beispiel zu den USA-Monopolisten besaß,51 unfruchtbare Spekulation bleiben. Die USA-Millionäre waren zwar prinzipiell an einer kartellmäßigen Vereinigung der deutschen und französischen Schwerindustrie interessiert, aber es widersprach ihren Interessen, daß diese Vereinigung, unter deutscher oder französischer Führung zustande kommen sollte; die USA hatten schon während des ersten Weltkrieges den Anspruch auf die Weltherrschaft angemeldet.52 Die englischen Imperialisten, die nach Wiederherstellung ihrer europäischen Vorherrschaft strebten, waren gleichfalls weder an einer aktiven Unterstützung Deutschlands noch Frankreichs interessiert. Der passive Widerstand ermöglichte nicht zuletzt eine Steigerung des englischen Kohlenexports.
Nachdem es mit Frankreich zum offenen Bruch gekommen war, ergriffen deutsche Konzernherren und Militaristen sofort die Gelegenheit, die geheime deutsche Aufrüstung zu beschleunigen Die Cuno-Regierung und General von Seeckt, der Chef der Reichswehr, betrachteten nun den Versailler Vertrag als „nicht mehr existierend“53. Sie wollten an der Politik des passiven Widerstandes so lange festhalten, bis die Vorbereitungen für einen Revanchekrieg gegen Frankreich abgeschlossen waren. Mit der dazu notwendigen Aufrüstung hoffte man, zwischen Anfang 1926 und 1928 fertig zu sein. Inzwischen sollte einerseits ein Vorprellen allzu hitziger nationalistischer Elemente vermieden, andererseits der Ruhrkonflikt durch Zwischenfälle aufrechterhalten werden.54 Da aber eine derartige Politik auf die Dauer nur durch brutale Vergewaltigung der Arbeiterklasse und aller friedliebenden Werktätigen zu verwirklichen war, bemühte sich Reichskanzler Cuno schon seit Mitte Januar 1923 um Ausschaltung des Reichstages und um diktatorische Vollmachten.55
Das alles verhieß den deutschen Monopolisten für die nächste Zukunft ein neues Riesengeschäft. Aber die währungspolitischen Maßnahmen, die das Kabinett Cuno eben im Interesse jener Aufrüstungs- und Kriegspolitik durchführte, setzten zunächst einer ungehemmten Ausnutzung der Inflation zur Erzielung von Maximalprofiten gewisse Schranken. Die Reichsregierung verhinderte für einige Zeit die weitere Markentwertung, was vor allem die Riesenkonzerne empfindlich traf, die gewaltige Markschulden gemacht hatten. Weil das geplante System der zusätzlichen Ausbeutung der Werktätigen durch Verlängerung der Arbeitszeit noch nicht verwirklicht war und Auslandskredite nicht zu erhalten waren, entschieden sich die Konzernherren zum erneuten Angriff auf die Mark. Der „König der Ruhr“ gab dazu das Signal. Am 18. April 1923 kaufte der Stinnes-Konzern plötzlich an der Börse gewaltige Devisenmengen und löste damit einen weiteren Währungsverfall aus.56 Der Wert der Papiermark sank bald in rasendem Tempo. Am 31. August notierte man an den Börsen für einen Dollar 10,3 Millionen Mark, am 14. September waren es 90,4 Millionen Mark, am 1. Oktober 242 Millionen Mark und am 20. November schließlich 4,2 Billionen Mark.57 Warenpreise verdoppelten sich oft innerhalb eines Tages. Die Arbeiter blieben mit ihren Löhnen trotz aller Versuche, sie den Preisen anzugleichen, immer hoffnungsloser zurück. In 24 preußischen Regierungsbezirken waren mehr als 50 Prozent der Bewohner unterernährt.58 Eine Bergarbeiterfamilie konnte sich zum Beispiel mit dem Wochenlohn von 90 Millionen Mark, den sie am 13. September erhielt, am Abend desselben Tages 1 Pfund Schweinefleisch (30 Millionen Mark), 0,5 Pfund Fett (20 Millionen Mark), 1 Pfund Wurst (36 Millionen Mark), 6 Pfund Brot (2,8 Millionen Mark) und 10 Pfund Kartoffeln (1,2 Millionen Mark) als Nahrungsmittelvorrat für eine ganze Woche kaufen, dann blieb jedoch nichts für Beleuchtung, Miete, Bekleidung und Fahrtkosten. Noch viel schlimmer erging es den Erwerbslosen, die am gleichen Tage für ihre vierköpfige Familie eine Erwerbslosenunterstützung von nur 28.380.000 Mark ausgezahlt erhielten;59 sie gingen langsam dem Hungertode entgegen.
Das gleiche Los traf diejenigen Angehörigen der Mittelschichten, die einst ihr Geld in Sparbüchern und Wertpapieren angelegt hatten, um sich einen sorgenfreien Lebensabend zu sichern. Was sie erspart hatten, war der Geldentwertung zum Opfer gefallen. Nun erhielten sie nicht einmal das viel zu wenige, was den Erwerbslosen gezahlt wurde. Auch Handwerker, kleine Unternehmer und Kaufleute blieben vom Würgegriff des Geldchaos nicht verschont und standen vor dem Ruin. So verwandelte sich der Mittelstand in eine gärende Masse entwurzelter Existenzen, die fortwährend zwischen wilder Verzweiflung und düsterer Untergangstimmung schwankten.
Lediglich die Klein- und Mittelbauern brauchten von allen arbeitenden Schichten noch nicht am Hungertuch zu nagen. Sie hatten, wenn auch in viel geringerem Umfange als die Großagrarier, die Möglichkeit, während der Inflation Schulden zu tilgen und die früher großen Ausgaben für Zinsen und Steuern mit einem Bruchteil des sonst dafür erforderlichen Realwertes zu bestreiten. Doch gesättigter Magen und schuldenfreier Betrieb besagen in kapitalistischer Wirtschaftsanarchie nicht viel. Auch die Klein- und Mittelbauern drückte Existenzunsicherheit und monopolistische Preisdiktatur. Die Preise der Erzeugnisse der Eisen- und Kohlenindustrie und der chemischen Industrie hatten, gemessen an den Preisen des Jahres 1913, die Kartoffel- und Roggenpreise um das Zwei- bis Vierfache überflügelt. Zum Erwerb derselben Menge von Industrieerzeugnissen, zum Beispiel von Kohle, Kali, Superphosphat, Lederwaren und landwirtschaftlichen Maschinen, wie sie ein landwirtschaftlicher Betrieb vor dem Kriege durchschnittlich verbraucht hatte, mußte der Bauer im Herbst 1923 eine zwei- bis dreimal größere Menge an Roggen und Kartoffeln als vor dem Kriege hergeben.60 Die Kleinbauern waren kaum noch imstande, die nötigsten Industrieerzeugnisse zu kaufen. Was sie in nächster Zukunft zu erwarten hatten, stand ihnen im Schicksal der städtischen Mittelschichten deutlich vor Augen.
So lastete auf allen Schichten des werktätigen Volkes Not und Elend, ein Druck, wie ihn das deutsche Volk selbst in den schlimmsten Zeiten des Krieges nicht gekannt hatte. Aber auch diesmal profitierten an der Not des Volkes diejenigen, die schuld an diesem Elend waren. Stinnes sicherte sich zum Beispiel 1923 80 Prozent der Aktien der Bismarckhütte in Oberschlesien, die ihrerseits 50 Prozent der Aktien der Kattowitzer AG für Bergbau und Hüttenbetrieb besaß; er gründete eine Art Petroleumkonzern, kaufte in der Schweiz Elektrizitätswerke, beteiligte sich an Aluminiumwerken in Rumänien und an Glasfabriken in Schlesien, erwarb Zeitungen und anderes mehr.61 Wie schon so oft in der jüngsten Geschichte, erwies es sich wiederum, daß die Konzernherren in Wirklichkeit nur eine Politik zur Sicherung von Höchstprofiten betreiben, wenn sie und die ihnen hörige Presse und Regierung von „Verteidigung der Nation“, „Volksgemeinschaft“ und „Vaterland“ sprechen.
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Die sinkenden Reallöhne, der Hunger der Werktätigen und das provokatorische Auftreten der von den Industriellen geförderten nationalistischen und faschistischen Verbände bildeten die objektive Grundlage für große Massenbewegungen. In allen Teilen Deutschlands fanden seit dem Frühjahr 1923 Demonstrationen und Streiks statt, die von der KPD und den revolutionären Betriebsräten organisiert worden waren. Ging es bei den Streiks und Demonstrationen zunächst noch vorwiegend um ökonomische Forderungen, so fand doch die Losung der KPD: „Schlagt Cuno und Poincaré an der Ruhr und an der Spree“ immer lebhafteren Widerhall in der deutschen Arbeiterklasse, denn die Erfahrung lehrte die Arbeiter täglich eindringlicher, daß der ökonomische Kampf gegen die Bourgeoisie allein nicht ausreichte, um den hungernden Familien das notwendige Brot zu sichern. Im März streikten in Oberschlesien 40.000 Bergarbeiter gegen faschistischen Terror und für Wiedereinstellung gemaßregelter revolutionärer Betriebsräte; im gleichen Monat legten die Dortmunder Kumpel die Arbeit nieder, um die Ausgabe von Kohlen an die frierende Bevölkerung zu erzwingen. Am 1. Mai marschierten in allen Städten proletarische Hundertschaften an der Spitze der Demonstrationszüge. Diese Hundertschaften erwiesen sich als besonders wirksame Organisationsformen der proletarischen Einheitsfront zum Kampf gegen faschistischen und polizeilichen Terror, gegen Lohnraub und Hunger.
Als im Mai im Ruhrgebiet 400.000 Berg- und Hüttenarbeiter streikten und Faschisten in Gelsenkirchen, wo die Streikleitung tagte, Straßenkämpfe provozierten, stürmten bewaffnete Hundertschaften das Rathaus und machten die Arbeiter zu Herren der Stadt. Die ökonomischen Forderungen der Ruhrarbeiter verflochten sich bereits mit politischen. Es wurde der Sturz der Regierung gefordert. Die Arbeiter hatten den „Patriotismus“ der Stinnes, Thyssen und Krupp durchschaut; sie hatten begriffen, daß der Hauptfeind im eigenen Lande stand, und ließen sich nicht mehr von den Reformisten führen, sondern folgten den kommunistischen Gewerkschaftsfraktionen.
Kurz nach dem Ruhrstreik streikten wiederum in Schlesien mehr als 100.000 Berg- und Hüttenarbeiter. Auch auf dem Lande schlug plötzlich; eine machtvolle Streikwelle empor allein in Schlesien kämpften 120.000 Landarbeiter vier Wochen um elementarste Lebensrechte. Bald kam es in allen Teilen Deutschlands zu großen Streikkämpfen und Selbsthilfeaktionen. Wo sich Unternehmer und Regierungsvertreter den auf legalem Wege zum Ausdruck gebrachten Forderungen der Werktätigen verschlossen, fingen große Teile der Arbeiterklasse an, den schamlosen Ausbeutern proletarische Gewalt entgegenzustellen. In den Vordergrund traten nun politische Forderungen. Cunos Versuche, die Pläne der deutschen Imperialisten und Militaristen mit Hilfe eines Verbots- und Terrorfeldzugs gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung durchzusetzen, lösten verstärkten Gegendruck aus. So forderten zum Beispiel die streikenden Arbeiter des Braunkohlenreviers von Borna bereits am 9. August den Sturz der Cuno-Regierung. Als die Berliner Betriebsrätekonferenz am 11. August den Generalstreik zum Sturz Cunos beschloß, setzte in Deutschland eine so machtvolle Bewegung ein, daß Cuno schon am nächsten Tage zurücktreten mußte.62
Die erfahrensten Kapitalisten, wie Stinnes, die erkannt hatten, daß die Cuno-Regierung wegen unzureichender Massenbasis unhaltbar geworden war, koalierten sich mit den Sozialdemokraten. Das Kabinett Stresemann verbot sofort den Reichsausschuß der revolutionären Betriebsräte, die Zentrale jener gewählten Arbeitervertreter, die der Arbeitsgemeinschaftspolitik der sozialdemokratischen Führer energisch entgegentraten. Da aber die objektiven Grundlagen der revolutionären Massenbewegung nicht beseitigt wurden, konnten weder dieses Verbot noch die Verfolgung kommunistischer Funktionäre eine neue Welle großer Massenbewegungen verhindern.
Einige der ersten Vorboten zeigten sich in Sachsen. Am 11. September zogen in Dresden hungernde Erwerbslose trotz Demonstrationsverbot zum Rathaus, um dort ihre Forderungen vorzutragen. Polizei stellte sich ihnen entgegen, griff mit Gummiknüppeln an und schoß, als die Demonstranten sich mit Steinen wehrten. Die Folgen waren gräßlich; unter den Erwerbslosen zählte man 13 Schwerverletzte.63 Aber „blaue Bohnen“ stillen keinen Hunger. An den folgenden Tagen wiederholten die Erwerbslosen ihre Kundgebungen.64 Die ganze sächsische Arbeiterschaft erregte sich, wozu auch die unverhüllten Probemobilmachungen der sächsischen nationalistischen und faschistischen Verbände beitrugen. Schnell erstarkte in den Werktätigen der Wille, diesem Treiben nicht mehr länger tatenlos zuzusehen. Bald traten die sächsischen Arbeiter in Plauen, Leipzig, Zittau und Annaberg den faschistischen, nationalistischen und polizeilichen Provokateuren mit Knüppeln, Steinen und Feuerwaffen entgegen und trieben sie nach blutigen Gefechten auseinander. Diese Bewegungen zeugten eindeutig davon, daß die Verschärfung der Klassengegensätze jenen Grad erreicht hatte, wo jeder wirtschaftliche Kampf schnell in den politischen und letzterer rasch in den bewaffneten Kampf umschlägt.
Im schlesischen Industriegebiet, wo der Lieferboykott der Großagrarier besonders provozierend wirkte,65 kam es am 13. September zu einem furchtbaren Blutbad. Ausgehungerte Arbeiter, die sich am Lohntag in Beuthen etwas zu essen kaufen wollten, fanden am Nachmittag die Geschäfte leer. Alles stürmte nun zu den Läden, wo man noch Lebensmittel sah oder vermutete. Schaufensterscheiben klirrten, Schupos rasten, blind feuernd, auf Autos heran. 7 Tote, 30 Schwerverwundete und viele Leichtverletzte waren zu beklagen.66 Die Arbeiter der Gleiwitzer Gruben, der Heinitz-Gruben und anderer beantworteten diesen frevelhaften Mordanschlag mit Streik. Sie forderten unter anderem wertbeständige Löhne, Abbau der Preise und Einberufung eines Betriebsrätekongresses. Wieder gab es Zusammenstöße mit der Severing-Polizei, wieder fielen Schüsse, wieder mußten Arbeiter ihr Leben lassen.67 Aber die schlesischen Arbeiter ließen sich nicht einschüchtern. Am 22. September antworteten in Gleiwitz etwa 100.000 Werktätige aus Gleiwitz, Hindenburg, Sosznitza, Makoszka und Zaborze trotz blutigen Polizeiterrors mit einer neuen machtvollen Hungerdemonstration.68
Auch in Norddeutschland nahm die Arbeiterklasse das Inflationselend nicht widerstandslos hin. Mit einem Generalstreik verkündete die Rostocker Arbeiterschaft am 13. September, daß sie nicht länger gewillt war, in Hunger und Not zu verkommen.69
Die Hamburger rechtssozialistischen Gewerkschaftsführer, die ihren Masseneinfluß dahinschmelzen sahen, bemühten sich , die Massen unter ihrer Führung zu behalten, indem sie am 22. September einen einstündigen Generalstreik ausriefen. In Worten wandten sie sich zwar gegen die Verelendung, aber in der Praxis taten sie nichts Ernsthaftes zur Beseitigung der Hauptursache der Not. Die Hamburger Kommunisten schlossen sich dem Streik an. Zwei Tage darauf streikten in Hamburg die Arbeiter des Hafens und einiger Großbetriebe, um von den Unternehmern Goldlöhne zu erzwingen.70 In Kiel veranlaßte die Entlassung eines Arbeiters einen Solidaritätsstreik auf der Howaldt-Werft.71 Alle diese Streiks waren Meilensteine auf dem Weg zur Einheitsfront der Arbeiter der Wasserkante.
So wie die Werktätigen Mitteldeutschlands, Schlesiens und der Wasserkante kämpften auch die Arbeiter in Rheinland-Westfalen gegen das Elend, das ihnen die Politik der Schwerindustriellen bescherte.72 Andere Industriegebiete Deutschlands boten das gleiche Bild. In Sorau in der Niederlausitz lehnten sich Kurzarbeiter gegen die Hungerlöhne auf. In Massen zogen sie vor die Geschäfte und erzwangen Preisherabsetzungen. Bei Zusammenstößen mit der herbeigerufenen Polizei hatten die Arbeiter 12 Tote, 16 Schwerverletzte und 30 Leichtverletzte zu beklagen.73
In den hessischen Braunkohlengebieten streikten die Arbeiter vieler Zechen,74 in Braunschweig demonstrierten Erwerbslose,75 und selbst in dem von den Monarchisten beherrschten Bayern wehrten sich die Arbeiter. Bayrische Eisenbahner weigerten sich mit Erfolg, schwerbewaffnete faschistische Verbände, die sich zum geplanten Marsch nach Berlin formierten, in die dafür vorgesehenen Bereitschaftsstellungen zu transportieren.76
Ein hervorragendes Beispiel im wirtschaftlichen und politischen Massenkampf gaben in jenen Tagen die Industriearbeiter Badens. Das Wiesen- und obere Rheintal, wo die Arbeiter vorwiegend in der Textilindustrie beschäftigt waren, wurde zum Zentrum einer Bewegung, die bis in den bewaffneten Barrikadenkampf hinüberwuchs. Ausgelöst wurde sie von etwa 2000 Bauarbeitern, die am Freitag, dem l4. September, in Lörrach gegen die Lohndrückerei der Unternehmer protestierten.77 Die Belegschaften der Lörracher Betriebe solidarisierten sich mit ihnen. Schließlich demonstrierten etwa 15.000 Menschen vor dem Gebäude des Bezirksamtes. Der Oberamtmann, der sich mit seinen Gendarmen völlig machtlos fühlte, rief die badische Regierung um Hilfe an. Da aber ein starkes Polizeiaufgebot nicht so schnell in Marsch gesetzt werden konnte, befahl die Regierung dem Oberamtmann, bis zum Eintreffen der Schupo durch Verhandlungen Zeit zu gewinnen.
Wie so oft in der Geschichte der Klassenkämpfe, ließen sich die Ausgebeuteten mit einigen Zugeständnissen beschwichtigen, jubelten, gingen nach Hause und nahmen am nächsten Tag wieder ihre Arbeit auf. Als aber in der Nacht zum 17. September Lörrach und Umgebung von den inzwischen mobilisierten Polizeieinheiten schlagartig besetzt wurden, durchschauten die Werktätigen die Absichten der herrschenden Klasse. Erneut stürmten Arbeiter auf die Straßen und versuchten, mit energischen Demonstrationen den Abzug der Schupo zu erzwingen. Eine Betriebsrätevollversammlung und eine Versammlung der Mitglieder der KPD und der VSPD forderten den Abzug der Polizeitruppen. Die Arbeiter beschlossen, bis zur Erfüllung dieser Forderung zu streiken.
Wiederholte Ausfälle der Polizei, die mehrere Verhaftungen vornahm, führten schließlich zu bewaffnetem Kampf. Arbeiter bauten Barrikaden, verschafften sich Waffen und stürmten die Drahtverhaue, hinter denen sich die Polizeitruppen verschanzt hatten. Zwei Tage wogten die Gefechte hin und her, ohne daß eine der kämpfenden Parteien die andere vom Kampffeld vertreiben konnte.
Die Entscheidung in diesem blutigen Ringen fiel durch den solidarischen Generalstreik der oberbadischen Arbeiter. In allen Industrieorten machten die Arbeiter die Lörracher Forderungen zu ihren eigenen und traten in den Streik. Obgleich der VSPD-Landesvorstand ein Zusammengehen mit den Kommunisten öffentlich ablehnte, verbanden sich sozialdemokratische und kommunistische Ortsgruppen zur Aktionseinheit. So entstand von Nordbaden bis an die Schweizer Grenze eine mächtige proletarische Einheitsfront. In Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Lahr, Mannheim und vielen kleineren Orten erschütterten Demonstrationen, Zusammenstöße und Generalstreik den Staatsapparat bis in seine Grundfesten. Am 18. September verhängte die Landesregierung über Lörrach, Schopfheim, Schönau und Säckingen den Ausnahmezustand, und am 19. September erweiterte sie ihn auf Heidelberg, Mannheim, Schwetzingen, Weinheim, Durlach, Karlsruhe, Ettlingen, Rastatt, Lahr, Emmendingen, Freiburg, Mühlheim, Waldshut und Konstanz. Aber der Versuch, mit diesem letzten Mittel den Generalstreik in Ober- und Mittelbaden abzuwürgen, schlug fehl. Weder der Ausnahmezustand noch die Tatsache, daß die Unternehmer plötzlich alle wirtschaftlichen Forderungen erfüllten, konnten die Arbeiter dazu bewegen den Streik zu beenden. Sie bestanden weiterhin auf Abzug der Polizei aus Lörrach, und die badische Regierung mußte schließlich nachgeben. Die Vereinbarungen vom 14. September wurden von der Regierung als rechtskräftig bestätigt, die Polizeitruppen in eine vereinbarte Zone zurückgezogen, und der Ausnahmezustand wurde aufgehoben. Wieder einmal siegten deutsche Arbeiter, weil sich Kommunisten und Sozialdemokraten zur gemeinsamen Aktion brüderlich die Hände gereicht hatten.
Der Generalstreik in Oberbaden war das erste Flammenzeichen eines in ganz Deutschland schwelenden Brandes. An seinem Beispiel zeigt sich am allerklarsten, daß die Arbeiter nicht mehr gewillt waren, in der bisherigen Weise weiterzuleben, und die Bourgeoisie nicht mehr in der Lage war, wie bisher weiterzuregieren. Das löste in der herrschenden Klasse und in der Reichsregierung ein nicht geringes Durcheinander aus. Welch hohen Grad die Verwirrung bereits Ende September hier erreicht hatte, ist den Briefen zu entnehmen, die General von Seeckt aus Berlin an seine Frau in Bayern richtete.
Am 23. September schrieb er: „Es herrscht eine riesige Erregung und demzufolge Unsicherheit. Meines Erachtens über das Berechtigte hinaus, aber freilich die Lage spitzt sich zu, wie man sagt. Auch über die Zustände unten in Bayern herrscht hier natürlich Angst.“ Und am 25. September: „Es ist wohl nirgends so wirr und aufgeregt wie hier, wo alle Narren zusammenlaufen und am liebsten bei mir. Einige Ausnahmen gibt es, aber nicht viele unter dieser allgemeinen Narrenzunft.“78
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Stinnes hatte bereits im September erkannt, daß die wirtschaftliche und politische Entwicklung zu einer Verschärfung der revolutionären Krise trieb. So erklärte er am 12. September in der Sitzung der Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei: „Die letzten fünf Wochen sind nicht genügend genützt worden. In vierzehn Tagen werden wir den Bürgerkrieg haben. Hilferdings Programm kann ihn nicht hindern. Mehr arbeiten, Zahlungsmittel schaffen, Sachsen und Thüringen exekutieren. Kein Tag darf verlorengehen, sonst wird die Straße das Kabinett Stresemann stürzen.“79
Wie die Großindustriellen die verschärfte Ausbeutung des deutschen Volkes aufrechtzuerhalten gedachten, erläuterte Stinnes wenige Tage darauf ausführlich dem amerikanischen Botschafter Houghton: Die gesamte Lage erfordere die Kapitulation an Rhein und Ruhr. Da aber die deutsche Arbeiterklasse trotz zerrütteter Wirtschaft nicht auf die Einführung eines normalen Zehnstundenarbeitstages eingehen werde, müsse ein Diktator gefunden werden, der sie dazu zwinge. Ein solcher Mann, der die Sprache des Volkes rede und selbst bürgerlich sei, stehe bereit. Eine große, von Bayern ausgehende Bewegung, entschlossen, die alten Monarchien wiederherzustellen, sei in zwei bis drei Wochen zu erwarten. Dieser Bewegung würden sich alle Rechtsparteien, eine ansehnliche Gruppe von Männern der Mitte und die Industriellen anschließen. Der Plan, den Stinnes anschließend entwarf, gründete sich auf folgende Überlegungen: Mitte Oktober werde es in Deutschland drei oder möglicherweise vier Millionen Arbeitslose geben. Die Kommunisten würden versuchen, diese Lage zum Ausbruch einer Revolution auszunutzen. Die Stresemann-Regierung werde unterdessen ihre Unfähigkeit erwiesen haben, die ihr gestellten Aufgaben zu lösen. Dann erhebe sich vor der Nation die Frage, ihre Rettung entweder bei den Rechts- oder bei den Linksparteien zu suchen. Ebert werde bei Beginn der „kommunistischen Operationen“ einen Mann oder, wenn möglich, ein Komitee von drei Männern als Diktator ernennen und ihnen die ganze militärische Gewalt übertragen; dann sei die parlamentarische Regierung zu Ende. Danach gelte es, die Kommunisten rücksichtslos zu zerschmettern und, falls sie zum Generalstreik aufriefen, auch diesen mit Gewalt zu unterdrücken. Dann sei der Sozialismus als eine politische Daseinsform in Deutschland für alle Zeit beseitigt. Eine Schwierigkeit, die Stinnes bei der Verwirklichung dieses Planes fürchtete, war die Möglichkeit, daß die Bewegung durch einen Angriffsakt der Rechtsparteien ausgelöst werden könnte. Er wünschte, daß „die Kommunisten“ begännen. Wenn nach Zerschmetterung der Kommunisten Ordnung und normale Produktion wieder hergestellt seien, meinte Stinnes abschließend, hoffe er, jeden notwendigen Kredit vom Ausland zu erhalten.80
Stresemann liquidierte am 26. September den sogenannten passiven Widerstand, um, wie von den Schwerindustriellen gewünscht, alle vorhandenen bürgerlichen Kräfte auf die Festigung der Klassenherrschaft des deutschen Imperialismus zu konzentrieren. Doch statt der erwünschten Konzentration aller imperialistischen Kräfte ergab sich aus den gegensätzlichen ökonomischen Interessen eine Zersplitterung im Lager der deutschen Bourgeoisie. Die Führer aller sogenannten vaterländischen und faschistischen Kampfverbände, die der Ruhrkampf materiell außerordentlich gestärkt hatte, entschlossen sich zum Angriff auf die Reichsregierung. Sie taten es nicht aus prinzipieller Ablehnung der volksfeindlichen Politik des deutschen Imperialismus und seiner Vertreter in der Reichsregierung. Ihre Entrüstung erhob sich vor allem deshalb, weil sie sich nun nicht mehr an angeblich für den Ruhrkampf bestimmten Geldmitteln schadlos halten konnten; denn das Ende des Ruhrkampfes war gleichbedeutend mit dem Versiegen ihrer ergiebigsten Geldquellen.
Den aggressivsten Kreisen des deutschen Monopolkapitals erschien dieser Augenblick günstig zur Verwirklichung ihrer faschistischen Putschpläne. Bereits am 24. September versuchte der Vorsitzende des Alldeutschen Verbandes, Claß, General von Seeckt für diese Pläne zu gewinnen. Aber Seeckt, der anscheinend wie Stinnes gegen jeden vorzeitigen Angriffsakt war, lehnte ab;81 denn bei der Lage der Dinge bestand für die deutschen Imperialisten in einem so heraufbeschworenen Bürgerkrieg die Gefahr der Vernichtung. Das schreckte Seeckt ab.82
Die Alldeutschen, unfähig, auch nur annähernd das gesellschaftliche Kräfteverhältnis einzuschätzen, behandelten den Reichswehrchef von nun an als Todfeind.83 In Bayern fanden sie die geeignete Basis für einen Kampf gegen Reichsregierung und Arbeiterklasse. Hier hatte die stockreaktionäre Regierung von Knilling am 26. September den Ausnahmezustand beschlossen und den Monarchofaschisten von Kahr zum Generalstaatskommissar ernannt. Stresemann dachte zwar niemals daran, gegen Bayern wegen des dortigen Ausnahmezustandes, der offensichtlich gegen die Reichsregierung gerichtet war, einen Kampf auf Biegen oder Brechen zu führen;84 aber er verstand es, die bayrische Haltung geschickt als Vorwand für die Errichtung der Militärdiktatur in ganz Deutschland zu nutzen. Am 27. September übertrug Ebert auf Grund des Artikels 48 der Weimarer Verfassung die vollziehende Gewalt dem Reichswehrminister. Die Verordnung setzte die bürgerlichen Freiheiten bis auf weiteres außer Kraft und verlieh den Militärbefehlshabern der Wehrkreise die vollziehende Gewalt. Alle Vergehen, die bisher mit lebenslänglichem Zuchthaus geahndet wurden, sollten nun mit dem Tode bestraft werden. Darunter fielen zum Beispiel Beschädigung von Eisenbahnanlagen und Widerstand bei Aufruhr.85
General von Seeckt freute sich, nun jeden Konflikt mit den rechtsradikalen Organisationen vermeiden zu können;86 jedoch die Freude wurde am gleichen Tage getrübt. Die in München erscheinende nationalsozialistische Zeitung „Völkischer Beobachter“ startete einen Presseangriff gegen die „Diktatoren Stresemann und Seeckt“. Der Reichswehrminister verbot den „Völkischen Beobachter“; aber der bayrische Landeskommandant, General von Lossow, führte das Verbot nicht durch. Er und von Kahr wollten offensichtlich den Hitlerfaschisten einen Freundesdienst erweisen, um sie für das Bündnis mit den Alldeutschen zu gewinnen. Sie hatten ein gemeinsames Ziel, nämlich mit „bayrischen Fäusten“ in Berlin „Ordnung“ zu schaffen.87 Der Konflikt zwischen Bayern und der Reichsregierung verschärfte sich.
Bei dieser Zersplitterung der imperialistischen Kräfte blieb es nicht allein. Im Rheinland versuchten Monopolgruppen, die ihre Profite nur durch zeitweilige Unterwerfung unter die französischen Imperialisten gesichert glaubten, in der einen oder anderen Form das Gebiet um Rhein und Ruhr aus der deutschen Einheit herauszubrechen. Möglichst große westdeutsche Gebiete sollten zu einem Bundesstaat mit 12 bis 15 Millionen Einwohnern zusammengefaßt werden. Dieser Staat sollte angeblich bis zur späteren Wiedervereinigung unter französischen Bajonetten ein Sonderdasein führen. Adenauer, der Hauptverfechter dieses Projektes, versuchte es auf legalem Wege zu verwirklichen. Als Beauftragter der sogenannten Vertreterversammlung der rheinischen Städte besuchte er im September Stresemann, um die Stimmung der Reichsregierung für sein Vorhaben zu sondieren.88
Indessen hielten die französischen Monopolisten, die für eine direkte und gewaltsame Loslösung des Rheinlandes eintraten, die Zeit für Aktionen gekommen. Ihre Handlanger Dorten und Smeets hatten unter dem Namen „Rheinlandwehr“ und „Rheinlandschutz“ bewaffnete Organisationen geschaffen, die am 30. September in Düsseldorf die „Rheinische Republik“ ausrufen sollten.89 Die Kommunistische Partei organisierte die Abwehr. Sie zog aus dem ganzen Ruhrgebiet kleine bewaffnete Stoßtrupps zusammen und sprengte mit bewaffneter Gewalt die separatistische Kundgebung. Die geplante Ausrufung der „Rheinischen Republik“ konnte nicht stattfinden.90 Die sogenannte rheinische Bewegung war damit für das rechtsrheinische Industriegebiet erledigt. Im Oktober versuchten die Separatisten dann in Aachen, Mainz, Wiesbaden die „Rheinische Republik“ auszurufen, erlitten jedoch stets eine Niederlage.
Zur gleichen Zeit rüsteten militaristische Kräfte der Schwarzen Reichswehr zu einer Art Wiederholung des Kapp-Putsches. Der politische Leiter der Schwarzen Reichswehr des Wehrkreises III, Major Buchrucker, besetzte in der Nacht vom 30. September zum 1. Oktober mit putschistischen Truppen die Zitadelle von Küstrin.91 Seeckt schlug die vorzeitig vorgeprellten und deshalb unerwünschten Putschisten mit bewaffneter Gewalt zurück.92 381 Soldaten der Schwarzen Reichswehr wurden gefangengenommen, aber – typisch für die damaligen Verhältnisse – nach kurzer Zeit wieder entlassen; nur die Offiziere blieben in Haft.93 Der Putsch der Schwarzen Reichswehr war ein Zeichen der wachsenden Verwirrung und Zerfahrenheit der imperialistischen Kräfte.
In den letzten Septembertagen erfolgte ein Vorstoß der Schwerindustriellen, der schließlich eine Regierungskrise herbeiführte. Die Herren von Rhein und Ruhr fürchteten angesichts der Tatsache, daß die Inflation ihr galoppierendes Endstadium erreicht hatte, worauf über kurz oder lang eine Deflations- und Absatzkrise zu erwarten war, um ihre Höchstprofite. Deshalb versuchten sie in einer Art Torschlußpanik, mit allen nur möglichen Mitteln den im Stinnes-Plan für den Fall des Endes der Inflation vorgesehenen Ausgleich in Form der Verlängerung des Arbeitstages noch vor der unumgänglich gewordenen Währungsstabilisierung durchzusetzen. Ohne die Reichsregierung zu fragen, bildete die Mehrzahl der Herren der Ruhrzechen einen sogenannten Sechserausschuß, der in ihrem Auftrag Verhandlungen mit den französischen Imperialisten führen sollte. Diesem Gremium gehörten unter anderen Hugo Stinnes, Peter Klöckner und Vögler an.94 Zweitens beschloß der Zechenverband des Ruhrreviers in Unna-Königsborn eine Verlängerung der Arbeitszeit. Von Bergarbeitern unter Tage forderten sie an Stelle des siebenstündigen Arbeitstages eine Arbeitszeit von achteinhalb Stunden; von den Arbeitern über Tage verlangten sie einen zehn- bis zwölfstündigen Arbeitstag.95 Die Schwerindustriellen leiteten diesen Beschluß der Reichsregierung weiter und erklärten, sie wünschten von Stresemann statt der Reden endlich Taten zu sehen. Wenn sich die Große Koalition dabei als ein Hindernis erweise, sei sie zu beseitigen.96 Der sozialdemokratische Finanzminister Hilferding weigerte sich, den Konzernherren in vollem Umfange zu bewilligen, was sie für ihre Zustimmung zur Markstabilisierung verlangten: Verlängerung der Arbeitszeit und Lohnabbau.97 Daher die barsche Forderung. Am 1. Oktober verlangte der Fraktionsvorsitzende der Deutschen Volkspartei, Scholz, von Stresemann die Entlassung Hilferdings, die Einbeziehung der Deutschnationalen Volkspartei in die Regierung und die Abschaffung des Achtstundentages.98
Am 2. Oktober forderte Stresemann die Fraktionen der Regierungsparteien auf, der Reichsregierung durch ein Ermächtigungsgesetz in allen finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen weitgehende Vollmachten zu erteilen. Vor allem sei der Achtstundentag zu beseitigen und ein Konflikt zwischen Reichsregierung und Bayern auf jeden Fall zu vermeiden.
Wenn auch die VSPD-Führung bereit war, Hilferding zu opfern und für ein Ermächtigungsgesetz in wirtschaftlichen und finanziellen Fragen zu stimmen, so wagte ihre Mehrheit doch nicht, den Achtstundentag in dieser offenen Form preiszugeben. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion lehnte mit 61 gegen 54 Stimmen die Einbeziehung der sozialpolitischen Fragen in das Ermächtigungsgesetz ab. Da die Deutsche Volkspartei nach wie vor das Ermächtigungsgesetz auf sozialpolitische Fragen ausgedehnt und den Achtstundentag liquidiert wissen wollte, trat das Kabinett noch am 3. Oktober zurück.99
Nachdem die Schwerindustriellen bei der Reichsregierung keine sofortige Erfüllung ihrer Wünsche gefunden hatten, versuchten sie, den Achtstundentag auf eigene Faust aufzuheben. Die dazu notwendige Unterstützung, die ihnen die Reichsregierung aus Rücksicht auf die revolutionäre Stimmung der Arbeiterklasse versagt hatte, suchten sie nun bei dem französischen Oberkommandierenden, General Degoutte.100 Ohne Stresemann über dieses wichtige Vorhaben zu informieren, verhandelten Stinnes, Vögler und Klöckner am 5. Oktober mit dem französischen General. Die Herren der Ruhrzechen boten Kohlenlieferungen an und erbaten dafür von der französischen Besatzung einen Befehl über die Verlängerung der Arbeitszeit.101 Degoutte, der sich darum bemühte, die deutschen Gewerkschaften für die Pläne der französischen Imperialisten zu mißbrauchen, ließ sich natürlich nicht von Stinnes gegen die Ruhrarbeiter ausspielen;102 er lehnte ihren Vorschlag deshalb ab.
Weil die Ruhrindustriellen ohne Auftrag und ohne Wissen der verfassungsmäßigen Reichsregierung mit Frankreich über die Aufhebung deutscher Gesetze verhandelt hatten, forderte die KPD, Stinnes, Klöckner, Wolff, Krupp und alle übrigen Personen und Organisationen, die sich an diesem Komplott beteiligt hatten, wegen Landesverrats beim Staatsgerichtshof zu verklagen.103 Aber hierfür regten sich im Reichstag weder die bürgerlichen noch die sozialdemokratischen Abgeordneten.
Die Herren von Kohle und Stahl hatten von einer bürgerlich-parlamentarischen Regierung nichts zu befürchten, aber auch kaum noch etwas zu erhoffen. Deshalb gaben sie den Bergarbeitern öffentlich bekannt, daß ab 9. Oktober wieder die Vorkriegsarbeitszeit eingeführt werde.104
Für den Fall, daß es Stresemann nicht gelingen sollte, ein neues Kabinett zu bilden, war von den Schwerindustriellen vorgesehen, Seeckt als militärischen und das Mitglied des Krupp-Direktoriums Wiedfeldt als ökonomischen Diktator einzusetzen.105 Inzwischen fanden sich jedoch die VSPD-Führer bereit, die Verordnung vom November 1918 über den Achtstundentag preiszugeben. Das geschah in einer für die Rechtssozialisten bezeichnenden Weise. Einerseits bestanden sie darauf, daß am Achtstundentag als Normalarbeitstag festgehalten werde, andererseits aber räumten sie den Unternehmern die Möglichkeit ein, die Arbeitszeit zur sogenannten Steigerung und Verbilligung der Produktion zu verlängern.106 Daß damit die bisher gesetzliche achtstündige Höchstarbeitszeit der Novemberverordnung von 1918 beseitigt war, gab später selbst der ADGB-Vorsitzende Leipart zu.107
Als sich Ebert, Sollmann und Wels mit der Mehrheit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion bereit zeigten, eine der wichtigsten Errungenschaften der Novemberrevolution zu verraten, waren sie für Stresemann wieder koalitionsfähig. Alle sozialdemokratischen Reichsminister, außer Hilferding, erhielten im zweiten Kabinett Stresemann, das sich am 6. Oktober bildete, ihre bisherigen Posten. In der Kabinettssitzung vom 6. Oktober beriet man unter anderem über das Verhalten zur sächsischen Regierung. Die angeblich nicht ausreichend bewiesene Behauptung des sächsischen Ministerpräsidenten, in Freiberg hätten sich Reichswehrsoldaten an nationalsozialistischen Versammlungen beteiligt, nahm Geßler als Vorwand, um die Reichsexekution gegen Sachsen zu beantragen. Der Reichskanzler und die VSPD-Minister traten jedoch für kurzfristiges Abwarten ein. Stresemann erklärte, daß er danach mit den schärfsten Mitteln durchgreifen wolle.108 Bald darauf, am 13. Oktober, peitschte er das Ermächtigungsgesetz durch.
Nach der Absage des Generals Degoutte, den deutschen Schwerindustriellen an Rhein und Ruhr jene Knüppeldienste zu leisten, die in den anderen Teilen Deutschlands von Seeckt, Kahr und auch von Hitler zur völligen Niederschlagung der deutschen Arbeiterklasse erwartet wurden, interessierten sich Stinnes und Krupp hauptsächlich für die Verwirklichung des sogenannten Seeckt-Direktoriums. Seeckt machte gerade die Lieblingswünsche dieser Großindustriellen zum Programm der geplanten diktatorischen Regierung. Es sollten zum Beispiel die Gewerkschaften liquidiert und die Tarifverträge abgebaut werden.109
Seeckt wollte sich die Macht auf „legalem“ Wege erschleichen. Er beabsichtigte, die Reichswehr zum Beispiel im Falle einer Verschärfung des Konflikts zwischen der Reichsregierung und Bayern nur dann zu deren Schutz einzusetzen, wenn ihm solche Zugeständnisse gemacht würden, die praktisch diese Behörden ausschalteten und ihm die gewünschte diktatorische Vollmacht gaben.110
Während die mächtigen deutschen Konzernherren nach Möglichkeiten und Kräften für eine sofortige Niederschlagung der Arbeiterklasse suchten, während die dafür vorgesehenen Kräfte der Seeckt, Kahr und Hitler auf Grund gegensätzlicher Interessen mehr und mehr in Widerstreit gerieten, schoben sie auch weiterhin die Stabilisierung der Währung so weit wie möglich hinaus. Sie wünschten nach wie vor keine Währungsstabilisierung schlechthin, sondern eine Stabilisierung bei Zehnstundenarbeitstag mit 20 Pfennig Stundenlohn für die ungelernten Arbeiter.111
Die Folgen dieses Verhaltens der deutschen Großindustriellen waren furchtbar. Das Währungschaos zerrüttete die Produktion und den Warenumlauf im Innern des Landes. Einem großen Teil der Unternehmer erschien es nun nützlicher, die letzten Zuckungen der Inflation mit möglichst leeren Kassen und vollen Lagern abzuwarten. Sie gingen trotz vorhandener Aufträge zur Kurzarbeit über oder legten ihre Betriebe ganz still. Die Erwerbslosigkeit wuchs rapide. Zu diesen menschenfeindlichen Maßnahmen lockte es die Kapitalisten um so mehr, als sie sich damit auch der im August beschlossenen außerordentlichen Steuerauflage entziehen und noch stärker als bisher auf die Löhne der Arbeiter drücken konnten. Gutsbesitzer und Großbauern lehnten es ab, Nahrungs- und Lebensmittel gegen Papiermark zu verkaufen. Den Arbeitern und den städtischen Mittelschichten drohte die Gefahr, in Deutschland bei vollen Scheunen zu verhungern.
Der Wille der Massen, sich ohne Rücksicht auf die Gesetze des bürgerlichen Staates und entgegen seinen polizeilichen und juristischen Gewalten durch energische gewaltsame Aktionen die elementarsten Lebensgrundlagen zu sichern, wuchs Mitte Oktober in allen Teilen Deutschlands machtvoll an. In Köln sammelten sich am 11. Oktober hungernde Werktätige im Stadtinnern und holten sich gewaltsam die lebensnotwendigsten Nahrungs- und Bekleidungsmittel, die ihnen durch die kapitalistische Wirtschaftsanarchie vorenthalten wurden.112 Demonstrationen und Plünderungen von Lebensmittel- und Brotläden waren seit dem 12. Oktober auch in Düsseldorf, Benrath, Gelsenkirchen, Solingen und anderen Städten des Ruhrgebiets an der Tagesordnung. Im Ruhrgebiet zogen Arbeiter gruppenweise auf die Felder und gruben auf eigene Faust Kartoffeln.113 Und vor diesem Hintergrund entspannen sich zum Beispiel in Gelsenkirchen erbitterte Straßenkämpfe, in denen die Arbeiter unter Führung der Kommunistischen Partei den erneuten Ansturm der Separatisten zurückschlugen.114
In den südwestdeutschen Städten, wie in Frankfurt am Main, Höchst und Wiesbaden, eine ähnliche Situation.115 Seit dem 15. Oktober hetzten hungernde Demonstranten in Mannheim die Polizei durch ständigen Wechsel der Unruhezentren tagelang hin und her, um sie zu ermüden; ein Polizeibeamter wurde erschossen und ein Polizeihauptmann schwer verwundet.116 Am 17. Oktober kam es schließlich zu einem 24 stündigen Generalstreik, wobei die Polizei mehrere Werktätige tötete und viele verwundete.117
In Magdeburg warfen hungernde Massen auf dem Fleischmarkt die Verkaufsstände um und nahmen sich Fleisch ohne Bezahlung;118 in Leipzig stürmten sie mit dem Ruf: „Hunger! Gebt uns Brot!“ die Markthalle;119 auch in Berlin, Dresden, Görlitz, Plauen und vielen anderen Orten versuchten die Erwerbslosen immer wieder, sich selbst Lebensmittel zu beschaffen. Die Gummiknüppel, Bajonette, Schüsse und Haftbefehle der Polizei schreckten sie nicht mehr. Trotz blutiger Verluste und zahlreicher Verhaftungen traten die erbitterten Massen stets von neuem zum Sturm an.120 Die mitteldeutschen Bergarbeiter riefen zum Streik für höhere Löhne auf.121
Wie in Mitteldeutschland, so kam es auch in Oberschlesien und an der Wasserkante zu Streiks und Hungerunruhen.122 Vom 15. Oktober an traten Hamburger Werftarbeiter in neue Lohnkämpfe.123 Auch in Ostpreußen, in Braunsberg, Preußisch-Eylau und Ortelsburg, wurden die Werktätigen zur Selbsthilfe getrieben.124
Das werktätige Volk suchte bereits spontan nach einem Ausweg aus der kapitalistischen Wirtschaftsanarchie. Die Selbsthilfeaktionen brachten ihm zwar vorübergehend Linderung des Hungers, aber keine grundlegende Verbesserung seiner Lage. Der wirkliche Ausweg bestand unter den gegebenen Bedingungen in der Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, in der Nationalisierung der Banken und Monopole, in der Errichtung einer Arbeiterkontrolle über die Konzernherren und in der Übereignung des Gutsbesitzerlandes an die landarmen Bauern. Eine Kontrolle der gesellschaftlichen Produktion und die Verteilung der Erzeugnisse durch Arbeiter- und Bauernräte war ökonomisch möglich. Sollte diese Möglichkeit zur Wirklichkeit werden, mußte vor allem die kapitalistische Regierung gestürzt und die Arbeiter- und Bauernmacht errichtet werden. Bei den außerordentlich verschärften Klassengegensätzen und bei Vorhandensein starker militaristischer Kräfte war dazu der siegreiche allgemeine bewaffnete Aufstand der deutschen Werktätigen notwendig. Mit diesen einzig richtigen und grundlegenden Maßnahmen hätte sich das deutsche Volk für immer vom kapitalistischen System der Krisen und der Erwerbslosigkeit, des Hungers und der Kriege befreien können. Die Kommunistische Partei Deutschlands war bereit, das deutsche Volk auf diesen Weg zu führen.
1Siehe „Hamburgischer Correspondent“ Nr. 495 vom 23., Nr. 496 und Nr. 497 vom 24. und Nr. 498 vom 25. Oktober 1923.
2Siehe „Die Polizei“, 1923, Nr. 20 und 21.
3Siehe „Die Kommunistische Internationale“, Fünfter Jahrgang, Nr. 31-32, S. 143-185.
4Nach mündlicher Auskunft des Aufstandsteilnehmers J. v. B., Mitglied der Hamburger Aufstandsleitung, deren Befehlsbereich sich über den ganzen KPD-Bezirk Wasserkante erstreckte. Hamburg war zugleich Sitz der KPD-Oberleitung Nordwest, die die KPD-Bezirksleitungen Nordwestdeutschlands anzuleiten hatte.
5Nach dem Bericht des Aufstandsteilnehmers F. D., der 1923 der Leitung der hamburgischen KPD-Stadtorganisation angehörte und wenige Wochen nach dem Aufstand den Sekretär der Kieler Unterbezirksleitung ablöste, der ihm dieses dabei mitteilte.
6Siehe „Die Kommunistische Internationale“, Fünfter Jahrgang, Nr. 31-32, S. 161. Nach der mündlichen Auskunft, die der damalige militärische Leiter des KPD-Oberbezirks Nordwest, A. Sch., dem Verfasser gab, hatte die Oberleitung am 23 . Oktober versucht, die benachbarten nordwestdeutschen Gebiete in den bewaffneten Kampf einzubeziehen.
7Siehe K. D. Möller und A. Tecke, „Bücherkunde zur Hamburgischen Geschichte“, Hamburg 1939, S. 59.
8Siehe „Lehren der deutschen Ereignisse“. Beschlüsse des Präsidiums des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale vom 19. Januar 1924; „Bericht über die Verhandlungen des IX. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands“, Berlin 1924, S. 30.
9Siehe Hermann Matern, „Ernst Thälmann – hervorragender Verfechter der Einheitsfront gegen Faschismus und imperialistischen Krieg“; „Neues Deutschland“ Nr. 194 vom 20. August 1954.
10Siehe Ernst Thälmann, Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1955, S. 254-264.
11Nach mündlichem Bericht des Aufstandsteilnehmers G. G., der während des Aufstandes einen Kurierdienst leitete, und nach mündlicher Auskunft des Aufstandsteilnehmers A. Sch.
12Siehe Hartenstein, „Der Kampfeinsatz der Schutzpolizei bei inneren Unruhen“, Charlottenburg 1926, S. 46.
13Siehe „Oktober“. Militärpolitische Zeitschrift, 1926, Nr. 2, S. 33-47.
14„Hamburg im Aufstand. Der Rote Oktober vor dem Klassengericht“, Berlin 1925.
15Siehe Karl Siegmar Baron von Galéra, „Geschichte unserer Zeit“, Bd. III, Leipzig 1930, S. 137.
16Siehe ebenda, S. 140.
17Siehe Arthur Rosenberg, „Geschichte der deutschen Republik“, Karlsbad 1935, S. 5.
18Siehe ebenda, S. 169.
19Siehe Adolf Sturmthal, „The Tragedy of European Labor. 1918-1939“, New York 1943, S. 69/70.
20Siehe „Deutsche Geschichte im Überblick“. Herausgegeben von Peter Rassow, Stuttgart 1953.
21Siehe B. Studt und H. Olsen, „Hamburg. Die Geschichte einer Stadt“, Hamburg 1951.
22George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“. Zur Geschichte der Jahre 1918-1933, Frankfurt am Main (1955), S. 33.
23Siehe Friedrich Stampfer, „Die ersten 14 Jahre der Deutschen Republik“, Offenbach am Main 1947, S. 358.
24Siehe D. Dawidowitsch, „Der Hamburger Aufstand des Jahres 1923“; „Woprossi Istorii“, 1948, Nr. 11, russ.
25Siehe Walter Ulbricht, „Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1955, S. 139-148.
26Siehe Deutsches Zentralarchiv, Potsdam, Reichsministerium des Innern, Nr. 13695, Bl. 46. Im Folgenden zitiert: DZA, Potsdam, RdI, Nr. 13695.
27Siehe ebenda, Bl. 48.
28Ebenda, Bl. 49.
29Der Aufstandsteilnehmer W. W. zum Beispiel wurde – wie er dem Verfasser mitteilte – bei der Gefangennahme in der Polizeiwache 42 bis zur Bewußtlosigkeit mißhandelt.
30DZA, Potsdam, RdI, Nr. 13695, Bl. 50.
31Siehe Hartenstein, „Der Kampfeinsatz der Schutzpolizei bei inneren Unruhen“, S. 67.
32DZA, Potsdam, RdI, Nr. 13695, Bl. 54.
33Nach mündlichem Bericht des Aufstandsteilnehmers A. S., der in Schiffbek gekämpft hat.
34Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin, Archiv, Reichskommissar für Überwachung der öffentlichen Ordnung, Nr. 12/42, Bl. 190. Im Folgenden zitiert: IML, Archiv, Nr. 12/42.
35Ebenda, Bl. 193.
36Siehe ebenda, Bl. 243-245.
37Siehe ebenda, Bl. 358.
38Im Folgenden zitiert: IML, Archiv, Nr. 12/42, Denkschrift.
39Das ergibt sich aus den Berichten mehrerer Aufstandsteilnehmer, die am Wachensturm teilgenommen haben.
40Siehe Alfred Müller, „Die Kriegsrohstoffbewirtschaftung 1914-1918 im Dienste des deutschen Monopolkapitals“, Berlin 1955, S. 117.
41Siehe „Sozialdemokratische Parteikorrespondenz für die Jahre 1923 bis 1928“, (Berlin 1930), S. 180.
42Siehe Felix Pinner, „Deutsche Wirtschaftsführer“, Charlottenburg 1925, S. 58-65.
43Siehe ebenda, S. 102-104.
44Siehe Wl. Woytinsky, „Zehn Jahre neues Deutschland“, Berlin 1929, S. 103 und „Zehn Jahre Deutsche Geschichte 1918-1928“, Berlin (1928), S. 288, 294.
45Siehe George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“, S. 14/15, 52-57.
46Siehe ebenda, S. 74, Anmerkung 20.
47Ebenda, S. 60.
48Ebenda, S. 17.
49Siehe ebenda, S. 17/18.
50Siehe ebenda, S. 18.
51Siehe Karl Obermann, „Die Beziehungen des amerikanischen Imperialismus zum deutschen Imperialismus in der Zeit der Weimarer Republik (1918-1925)“, Berlin (1952), S. 66-68.
52Siehe ebenda, S. 24.
53George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“, S. 21.
54Siehe ebenda.
55Siehe ebenda, S. 23.
56Siehe ebenda, S. 29/30.
57Siehe Rudolf Dalberg, „Deutsche Währungs- und Kreditpolitik 1923-1926“, Berlin 1926, S. 43.
58Siehe Friedrich Hesse, „Die deutsche Wirtschaftslage von 1914 bis 1923“, Jena 1938, S. 276.
60Siehe „Zehn Jahre Deutsche Geschichte 1918-1928“, S. 221 und „Klassenkampf“ Nr. 215 vom 14. September 1923, Beilage.
61Siehe Gaston Raphael, „Hugo Stinnes“. Der Mensch, sein Werk, sein Wirken, Berlin 1925, S. 211-213.
62Über das Anwachsen der Massenbewegung bis zum Sturz Cunos siehe Walter Ulbricht, „Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, Bd. I, S. 110-127 und Raimund Wagner, „Zur Frage der Massenkämpfe in Sachsen im Frühjahr und Sommer 1923“; „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ (ZfG), 1956, Heft 2.
63Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 213.
64Siehe „Deutscher Geschichtskalender“, Hrsg. Friedrich Purlitz, 39. Jg., II. Bd., Juli-Dezember 1923, Leipzig o.J., S. 130.
65Siehe IML, Archiv, Nr. 12/37, Bl. 3.
66Siehe „Klassenkampf“ Nr. 215 vom 14. September 1923.
67Siehe „Der Kämpfer“, 1923 , Nr. 216 und „Klassenkampf“ Nr. 217 vom 17. September 1923.
68Siehe „Klassenkampf“ Nr. 223 vom 24. September 1923.
69Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 214.
70Siehe „Klassenkampf“ Nr. 224 vom 25. September 1923.
71Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 226.
72Siehe „Klassenkampf“ Nr. 217 vom 17., Nr. 223 vom 24. September 1923 und „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 218 und 223.
73Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 218 und Nr. 222.
74Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 225.
75Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 226.
76Siehe „Der Kämpfer“, 1923, Nr. 224.
77Die Kämpfe in Oberbaden siehe Karl-Heinz Mundhenke, „Versuch einer sozialpsychologischen Analyse des Oberbadischen Aufstandes im September 1923“, Phil. Diss., Heidelberg 1930 und „Die Kämpfe in Südwestdeutschland 1919-1923“; „Darstellungen aus den Nachkriegskämpfen deutscher Truppen und Freikorps“, Bd. 5, Berlin 1939, S. 111-118.
78Friedrich von Rabenau, „Seeckt“. Aus seinem Leben. 1918-1936, Leipzig (1940), S. 338.
79Gustav Stresemann, Vermächtnis. Der Nachlaß in drei Bänden, Erster Bd., Berlin (1932), S. 117.
80Siehe George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“, S. 65-68.
81Siehe E. J. Gumbel, „Verräter verfallen der Feme“, Berlin (1929), S.198.
82Siehe Friedrich von Rabenau, „Seeckt“, S. 359, 370.
83Siehe E. J. Gumbel, „Verräter verfallen der Feme“, Berlin (1929), S.199-201.
84Siehe Gustav Stresemann, Vermächtnis, Erster Bd., S. 140, 171.
85Siehe „Deutscher Geschichtskalender“, 39. Jg., II. Bd., S. 50.
86Siehe Friedrich von Rabenau, „Seeckt“, S. 352.
87Siehe Gustav Stresemann, Vermächtnis, Erster Bd., S. 132.
88Siehe Paul Wentzcke, „Der Freiheit entgegen“, Berlin (1934), S. 220/221 und derselbe, „Ruhrkampf“, 2. Bd., Berlin 1932, S. 157, 270.
89Siehe Joachim Peck, „Dr. Konrad Adenauer 1917-1952“, Berlin (1952), S. 64.
90Siehe Walter Ulbricht, „Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, Bd. I, S. 131/132.
91Siehe E. J. Gumbel, „Verräter verfallen der Feme“, S. 233/234, 257/258 und Carl Severing, „Mein Lebensweg“, 1. Bd., Köln 1950, .S. 438/439.
92Siehe Friedrich von Rabenau, „Seeckt“, S. 354 .
93Siehe E. J. Gumbel, „Verräter verfallen der Feme“, S. 234.
94Siehe Paul Wentzcke, „Ruhrkampf“, 2. Bd., S. 192.
95Siehe eben da, S. 176 und Evelyn Anderson, „Hammer oder Amboß“. Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, o.O. 1948, S. 142/143
96Siehe „Egelhaafs historisch-politische Jahresübersicht für 1923“, Stuttgart l924, S. 118.
97Siehe George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“, S. 34, 80/81.
98Siehe „Egelhaafs historisch-politische Jahresübersicht für 1923“, S. 118.
99Siehe Gustav Stresemann, Vermächtnis, Erster Bd., S. 139-143.
100Siehe Paul Wentzcke, „Ruhrkampf“, 2. Bd., S. 193.
101Siehe Gustav Stresemann, Vermächtnis, Erster Bd., S. 159.
102Siehe Paul Wentzcke, „Ruhrkampf“, 2. Bd., S. 191.
103Siehe „Der Kämpfer“ vom 11. Oktober 1923.
104Siehe Ludwig Preller, „Sozialpolitik in der Weimarer Republik“, Stuttgart (1949), S. 274.
105Siehe George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“, S. 81.
106Siehe Gustav Stresemann, Vermächtnis, Erster Bd., S. 145/146.
107Siehe „Zehn Jahre Deutsche Geschichte 1918-1928“, S. 345.
108Siehe Gustav Stresemann, Vermächtnis, Erster Bd., S. 166/167.
109Siehe George W. F. Hallgarten, „Hitler, Reichswehr und Industrie“, S. 34/35.
110Siehe ebenda, S. 35/36.
111Siehe „Zehn Jahre Deutsche Geschichte 1918-1928“, S. 344.
112Siehe „Vorwärts“ Nr. 478 vom 12. Oktober 1923.
113Siehe „Vorwärts“ Nr.481 vom 14., Nr. 486 vom 17. Oktober 1923 und „Der Kämpfer“ vom 13. und 15. Oktober 1923.
114Siehe Paul Wentzcke, „Ruhrkampf“, 2. Bd., S. 215.
115Siehe „Der Kämpfer“ vom 13. und 15. Oktober 1923 und „Vorwärts“ Nr. 481 vom 14., Nr. 486 vom 17. Oktober 1923.
116Siehe „Die Kämpfe in Südwestdeutschland 1919-1923“, S. 119.
117Siehe „Vorwärts“ Nr. 488 vom 18. und Nr. 489 vom 19. Oktober 1923.
118Siehe „Hamburgischer Correspondent“ Nr. 492 vom 21. Oktober 1923.
119Siehe „Der Kämpfer“ vom 15. Oktober 1923 und „Leipziger Tageblatt“ vom 17. Oktober 1923.
120Siehe „Der Kämpfer“ vom 13. Oktober 1923; „Hamburger Echo“ Nr.289 vom 19. Oktober 1923; „Vorwärts“ Nr.486 vom 17., Nr.488 vom 18. und Nr. 491 vom 20. Oktober 1923; „Hamburgischer Correspondent“ Nr. 490 vom 20. und Nr. 492 vom 21. Oktober 1923.
121Siehe „Die Rote Fahne“ Nr. 221 vom 21. Oktober 1923 und „Hamburgischer Correspondent“ Nr. 490 vom 20. und Nr. 492 vom 21. Oktober 1923.
122Siehe „Die Rote Fahne“ Nr. 221 vom 21. Oktober 1923.
123Siehe Hartenstein, „Der Kampfeinsatz der Schutzpolizei bei inneren Unruhen“, S. 40.
124Siehe „Vorwärts“ Nr.486 vorn 17. Oktober 1923.